Omar Carlo Gioacchino Gelo, Peter Schütz, Gloria Lagetto - Veränderungsprozesse in der Psychosozialen Beratung: Die Perspektive der dynamischen Systemtheorie*

Zeitschrift für Beratungs- und Managementwissenschaften
Ausgabe 2015/01
ISSN 2312–5853

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Omar Carlo Gioacchino Gelo 1,2,3,◊, Peter Schütz 2, Gloria Lagetto 1

Veränderungsprozesse in der Psychosozialen Beratung: Die Perspektive der dynamischen Systemtheorie*

Zusammenfassung

Obwohl beruflich etabliert, hat die Psychosoziale Beratung (PSB) bis jetzt sehr wenig wissenschaftliche Grundlagen bezüglich des Wie und Warum ihrer Wirksamkeit. Einer der Gründe dafür ist der Mangel eines konzeptionellen metatheoretischen Rahmens, der die Charakteristika des Veränderungsprozesses in der PSB erklären kann. In diesem Paper schlagen wir als metatheoretischen Ansatz den Zugang der Dynamischen Systemtheorie vor, der eine starke wissenschaftliche Fundierung für die PSB bieten kann. Wir wollen zunächst die Grundlagen der Dynamischen Systemtheorie zusammenfassen und dann diese auf die Konzeptualisierung von PSB anwenden. Wir versuchen zu zeigen, (1) wie PSB als offenes komplexes System verstanden werden kann und (2) dass die in der PSB stattfindenden Veränderungsprozesse in Bezug auf die Prinzipien der Selbstorganisation beschrieben werden können. Die Implikationen dieses Ansatzes für die wissenschaftliche Fundierung von PSB werden diskutiert.

Abstract

Although professionaly established, Psychosocial Conseling (PSC) has received up to now little scientific foundation regarding how and why it works. One of the reasons is the lack of a conceptual metatheoretical framework able to explain the characteristics of change processes within PSC. In the present paper, we suggest that the Dynamic System (DS) approach may represent such a framework. More specifically, we want to outline the basic concepts of the DS approach and apply them to the conceptualization of PSC. We describe (1) the extent to which PSC can be considered an open complex system and (2) how the principles of self-organization may be used to conceptualize chapge processes within the PSC. The implications of such an approach for the scientific foundation of PSC are discussed.

Keywords: Dynamische Systemtheorie, Psychosoziale Beratung, Lebens- und Sozialberatung, Selbstorganisation, Synergetik, Veränderungsprozesse

 

* Überarbeitung eines Vortrags mit dem Titel: Veränderungsprozesse in Coaching und Beratung: Die Perspektive der dynamischen Systemtheorie, im Wissenschaftssalon der ARGE Bildungsmanagement am 16. Februar 2015

1 Department of History, Social Sciences and Human Studies, University of Salento, Palazzo Parlangeli, Via Stampacchia 45, 73100, Lecce (Italy)

2 Department of Psychotherapy Science, Sigmund Freud University, Freudplatz 1, 1020 Vienna (Austria)

3 Institut ARGE Bildungsmanagement am Department Psychologie der Sigmund Freud Privatuniversität, Friedstraße 23, 1210 Vienna (Austria)

Korrespondenz über diesen Artikel ist zu richten an Omar Carlo Gioacchino Gelo, Department of History, Social Sciences and Human Studies, University of Salento, Palazzo Parlangeli – Via Stampacchia 45, 73100, Lecce (Italy). E-mail: omar.geloⒶunisalento.it; omar.geloⒶsfu.ac.at

 

1. Einführung

Psychosoziale Beratung (PSB) bzw. Lebens- und Sozialberatung bietet eine professionelle Hilfe für Menschen, die sich in Problem-, Krisen- oder Entscheidungssituationen befinden. Ziel ist die Aufarbeitung und Überwindung persönlicher sowie sozialer Konflikte durch Begleitung und Betreuung. Anders als in der Psychotherapie, die sich mit der Linderung oder Heilung von krankheitswertigen Störungen befasst, geht es bei der PSB um die Hilfestellung für psychisch gesunde Menschen, die konkrete Lebensprobleme aufweisen (wie z.B. Bewältigung von Übergangssituationen, Bewahren von Gesundheit und Zufriedenheit, Klärung von Lebenszielen, Berufs- und Lebensgestaltung usw.).

PSB ist durch Veränderung gekennzeichnet. Veränderung bezieht sich sowohl auf das Ziel der PSB (die Veränderungen im Zielverhalten, die am Beginn der Beratung geplant werden), und auf die Ergebnisse (die Veränderungen im Zielverhalten, die effektiv am Ende der Beratung beobachtbar sind) als auch auf den Beratungsprozess (die Veränderungen in den Handlungen, Wahrnehmungen, Erfahrungen, Gedanken, Gefühlen usw. des Klienten/der Klientin und des Beraters/der Beraterin während der Beratung). PSB ist ein dynamisches und komplexes Phänomen. Es ist dynamisch, da es aus zeitgebundenen biographischen und historischen Prozessen besteht. Es ist komplex, da diese Prozesse multidimensional und vielfach beeinflusst sind. Fast jeder Berater/jede Beraterin wird wohl der Aussage zustimmen, dass in Beratungsprozessen Veränderung selten progressiv, sondern vielmehr oft plötzlich, unerwartet und abrupt ("A-ha"-Phänomene) vorkommt. Fortschritte sind oft mit Phasen von Schwierigkeiten verflochten.

Obwohl beruflich etabliert, hat das Feld der PSB bislang wenig wissenschaftliche Absicherung hinsichtlich des Wie und Warum seiner Wirksamkeit erfahren. Das ist gut erkennbar an der geringen Anzahl empirischer Forschung bzgl. der Veränderungsprozesse, die für positive Ergebnisse der Beratung einschlägig sind (z.B. Chan, Ng, Chan, Ho, & Chan, 2006; Eichenberg, 2007; Keller, 2001, 2004; Kurz, Hallauer, Jansen, & Diehl, 2005; Söner & Keller, 2007; Wischmann, 2009). Ein wesentlicher Grund, der die empirische Fundierung behindert, ist der Mangel eines metatheoretischen konzeptuellen Rahmens, der den Veränderungsprozess umfasst und erklärt. Dieser Mangel ist teilweise verständlich angesichts der Komplexität und Heterogenität des Feldes. Dennoch meinen wir, dass dies eine Herausforderung darstellt. Die Etablierung eines übergeordneten metatheoretischen konzeptuellen Rahmens ist legitim und notwendig, und das aus zwei Gründen. Erstens führt sie zur Sparsamkeit im aktuellen Wissen darüber, wie Veränderung in der Beratung stattfindet. Zweitens könnte sie die Möglichkeit schaffen, diese Veränderungsprozesse besser zu verstehen, und zwar im Hinblick auf allgemeine Veränderungsprozesse in anderen Bereichen des menschlichen Lebens (z.B. Psychologie, Soziologie, Wirtschaft, Chemie, Physik). Selbstverständlich sollte ein derartiger Metarahmen die dynamische und komplexe Natur der Veränderungsprozesse miteinbeziehen, die innerhalb der PSB stattfinden.

In den letzten Jahren wurde gezeigt, dass der Ansatz der Dynamischen Systeme (DS) (Haken, 2010) in der Lage ist, einen metatheoretischen Rahmen zur Verfügung zu stellen, um die dynamische und komplexe Natur der Veränderungsprozesse für eine große Anzahl von Disziplinen zu erklären (Haken, Wolf, & William, 2004; Helbing, 2012; Vallacher, Read, & Nowak, 2002; Witt, 1997). Der DS-Ansatz ist tatsächlich ein transdisziplinärer Forschungsansatz, der primär darauf fokussiert, wie dynamische Systeme (z.B. thermodynamisch offen und weit entfernt vom Gleichgewicht komplexer Systeme) unabhängig von ihrer Natur (chemisch, physikalisch, sozial usw.) sich über die Zeit hinweg durch Selbstorganisation verändern. Manche AutorInnen haben versucht, ein Verständnis der PSB aus Sicht des DS-Ansatzes vorzuschlagen, wobei sie davon ausgehen, dass Beratung als offenes komplexes System entlang der Prinzipien der Selbstorganisation betrachtet werden kann (Bussolari & Goodell, 2009; Caple, 1985; Frank-Saraceni, 1998; Haselmann, 2009; Parker, Schaller, & Hansmann, 2003). Dennoch waren diese Versuche oft spärlich und generell eher unsystematisch oder anekdotisch.

Im vorliegenden Paper stellen wir einen systematischen DS-Ansatz dar, basierend auf der expliziten Annahme, dass PSB ein offenes komplexes System ist, dessen Veränderungsprozesse durch Prinzipien der Selbstorganisation beschrieben und erklärt werden können. Wir beschreiben zunächst die wesentlichen Konzepte eines DS-Ansatzes, dann versuchen wir darzustellen, wie diese Prinzipien auf die Konzeptualisierung von PSB und ihre Veränderungsdynamik angewandt werden können. Dabei beziehen wir uns explizit auf einen DS-Ansatz zur Psychotherapie, der von einem der Autoren entwickelt wird (Gelo & Salvatore, in Vorb.). Die Analogien und Ähnlichkeiten, die beim Lesen entdeckt werden mögen, sind ein Hinweis auf die Tatsache, dass der DS-Ansatz einen allgemeinen metatheoretischen Rahmen anbieten kann, um Veränderungsprozesse in verschiedenen Disziplinen, inklusive Psychotherapie und Beratung, zu erklären.

2. Der Dynamische System-Ansatz: Grundprinzipien

Der DS-Ansatz repräsentiert ein transdisziplinäres Feld der Forschung, fokussiert auf komplexe offene Systeme, die sich unabhängig von ihrer Natur (physikalisch, chemisch, psychologisch, sozial usw.) über die Zeit hinweg durch Selbstorganisation verändern.

2.1. Komplexe offene Systeme

Ein komplexes System besteht aus Elementen in wechselseitiger Interaktion, die sich über die Zeit verändern (z.B. ein biologisches oder psychisches System, eine Person, eine Dyade, eine Gruppe) (Hollenstein, 2012). Die Komplexität des Systems hängt von vielen Faktoren ab: von der Gesamtmenge der Elemente, deren Vielgestaltigkeit und seiner hierarchischen Struktur. Ein komplexes System wird offen genannt, wenn es Energie oder Informationsaustausch mit der Umgebung ermöglicht; die Umgebung kann definiert sein als die Quelle von Energie oder Information, die nicht zum beobachteten System gehört. Dieser Energieaustausch ist für die Selbstorganisation eines Systems notwendig. Selbstorganisation kann beschrieben werden als der Prozess, durch welchen die innere Organisation eines komplexen, offenen Systems sich entwickelt, ohne direkt von Außen gesteuert oder gemanagt zu werden. Offene komplexe Systeme müssen Energie von der Umgebung importieren, die dann verwendet wird, um Strukturen und Muster zu bilden. Deshalb befinden sie sich in einem stabilen Gleichgewicht, das allerdings weit entfernt von dem thermodynamischen Equilibrium ist (Prigogine & Stengers, 1984). Viele physikalische und chemische Systeme zeigen ebenso wie biologische (d.h. alle lebenden Systeme) diese Eigenschaften.

2.2. Selbstorganisation: Veränderungsdynamik in offenen, komplexen Systemen

Selbstorganisierende Systeme zeigen entstehende Verhaltenseigenschaften. Entstehung bezieht sich darauf, dass die Interaktion der konstituierenden Elemente eines Systems (auf einer mikroskopischen Ebene) insgesamt ein oder mehrere Verhalten oder Eigenschaften zeigen (auf einer makroskopischen Ebene), die nicht auf die Eigenschaften der individuellen konstituierenden Elemente reduziert werden können – in anderen Worten, das Ganze ist größer als die Summe seiner Teile. Ein gutes Beispiel dafür sind die Moleküle einer Flüssigkeit, die unter speziellen Umständen auf mikroskopischem Niveau synchron miteinander interagieren können und dabei makroskopisch Konvektionszellen gestalten1; das passiert, wenn ein Temperaturgradient zu einer Flüssigkeit innerhalb eines Behälters angewendet wird. Die entstehenden Verhaltenseigenschaften eines Systems können durch wenige Ordnungsparameter beschrieben und gemessen werden (z.B. Dichte und Druck der Flüssigkeit) (Haken, 2010). Alle Umweltquellen von Energie/Information, die die Selbstorganisation eines Systems beeinflussen können, werden Kontrollparameter genannt (z.B. der Temperaturgradient, der für die Entstehung der Konvektionszellen zuständig ist) (Haken, 2010).

1 Konvektionszelle sind regelmäßig angeordnete Muster, die bei konvektiven Strömungen entstehen.

Die Entstehung von selbstorganisiertem Verhalten findet durch Musterbildung und -veränderung statt, was mittels einer Oszillationsdynamik beschrieben werden kann. So halten selbstorganisierende Systeme eine dynamische Balance zwischen den gegenläufigen Prozessen von Stabilität und Variabilität. Stabilisierende Prozesse sind für die innere Kohärenz (Ordnung) des Systems zuständig, um seine raum-zeitliche und funktionelle Integrität aufrecht zu halten. Gleichzeitig ist das Funktionieren des Systems offen für Anpassungen (d.h. Variabilität), die die notwendige Flexibilität zur Anpassung an die Umwelt zur Verfügung stellen. Je nachdem, ob Stabilisierungsprozesse oder Offenheit für Variabilität sich durchsetzen, können zwei unterschiedliche Veränderungsprozesse beobachtet werden: Veränderung erster oder zweiter Ordnung.

Veränderungen erster Ordnung in offenen, komplexen Systemen. In Veränderungen erster Ordnung (auch konservative Veränderungen genannt; Prigogine & Stengers, 1984) werden unterschwellige Stimuli (d.h. Kontrollparameter), die aus externen Umwelteinflüssen und internen Dynamiken resultieren, einfach absorbiert und assimiliert. Als Folge davon weist das System minimale Änderungen in seinem Verhalten auf, ohne dass es dabei zu größeren strukturellen und funktionellen Beeinträchtigungen der Organisation des Systems kommt. Die Systemkomponenten interagieren synchron miteinander (Synchronisierung) und bleiben deswegen um dasselbe Funktionsmuster organisiert, auch Attraktorzustand genannt (Haken, 2010). Ein Attraktor ist ein bevorzugtes oder übliches Funktionsmuster, zu dem ein System über die Zeit hin tendiert (z.B. die stabil organisierte Konvektionszelle). Die beobachtbare sanfte Anpassung bei Veränderungen erster Ordnung ist ähnlich zu Piagets (1985) Assimilation und kann als Form der Veränderung innerhalb der Ordnung aufgefasst werden.

Veränderungen zweiter Ordnung in offenen, komplexen Systemen. In Veränderungen zweiter Ordnung (auch transformative Veränderungen genannt; Prigogine & Strengers, 1984) erhöhen überschwellige Stimuli die Systemvariabilität soweit, dass sie nicht mehr von den üblichen Funktionsmustern des Systems assimiliert werden können. Das System ist destabilisiert: Es beginnt eine Phase der Turbulenz und kritischer Ausschläge, auch Phasenübergänge oder Bifurkationen genannt (Prigogine & Stengers, 1984) (z.B. wenn in einer Flüssigkeit Turbulenzen vor der Entstehung von Konvektionszellen beobachtbar sind). Alte Muster werden gelöst und neue Lösungen werden getestet, während alte Muster mit möglichen neuen im Wettbewerb stehen. Während solcher Phasen der Instabilität interagieren die Systemkomponenten nicht mehr synchron miteinander (Desynchronisierung) und das System befindet sich im Repellorzustand, da sogar eine geringfügige Störung das System in ein stabileres Funktionsmuster schieben kann. Dies deshalb, weil das System eine derartige funktionelle Instabilität nicht tolerieren kann; diese würde seine funktionelle Identität und Integrität untergraben (Thelen & Smith, 2006). Wenn nun die Störung die Ressourcen des Systems nicht überschreitet, kann eventuell eine neue dynamische Funktionsweise des Systems daraus entstehen: Musterbildung führt dann zu einer Reorganisation der System-Funktionsweise entlang eines neuen Attraktors, da die Komponenten des Systems sich erneut synchronisieren: Das System wird nun ein neues Verhaltensmuster aufweisen (z.B. wenn die einzelne Moleküle einer Flüssigkeit sich organisieren und Konvektionszellen entstehen).

Diese Art Veränderungen sind abrupt und diskontinuierlich und dem sehr ähnlich, was Piaget (1985) als Akkommodation bezeichnet hat. Während Veränderung erster Ordnung als Veränderung innerhalb der Ordnung aufgefasst werden kann, können Veränderungen zweiter Ordnung als Übergänge von Ordnung-Unordnung-Ordnung betrachtet werden. In dieser Art der Veränderungsprozesse bewirken kontinuierliche Veränderungen der Kontrollparameter abrupte, nicht lineare und diskontinuierliche Veränderungen im Verhalten des Systems. Dies geschieht durch Destabilisierung der alten Muster und Organisation von neuen.

3. Dynamischer System-Ansatz zur Psychosozialen Beratung

Um die Veränderungsprozesse in der PSB aus einer DS-Perspektive zu verstehen, ist Folgendes nötig: (1) PSB sollte als offenes komplexes System definiert werden und (2) die Veränderungsdynamik in PSB sollte als Selbstorganisation beschrieben werden. Auf den folgenden Seiten werden wir dieses Vorhaben mit systematischer Referenz zum Klienten-/zur Klientin-, Berater-/Beraterin- und zum KlientInnen-BeraterInnen-System verfolgen.

3.1. Beratung als offenes komplexes System

Der Prozess der Beratung kann definiert werden durch alle Ereignisse, die während der Beratung stattfinden. Diese Ereignisse können sich auf Handlungen, Wahrnehmungen, Absichten, Stillschweigen, Gefühle, Mimik, Gestik usw. des Klienten/der Klientin, des Beraters/der Beraterin und/oder der Beziehung zwischen ihnen beziehen.

Einen DS-Ansatz zur Beratung zu verfolgen, impliziert zunächst konzeptuell, den Beratungsprozess als dynamisches Systems zu definieren, d.h. als Set von Elementen, die (a) funktionell und zeitlich miteinander verknüpft sind, (b) eine hierarchische Struktur aufweisen und (c) Information mit der Umgebung austauschen. Ein derartiges Modell sollte abstrakt genug sein, um einen allgemeinen Abriss von Beratung als Objekt der Erforschung darzustellen, unabhängig von den unterschiedlichen spezifischen Modellen der PSB. In diesem Artikel werden wir ein Allgemeines Modell der PSB (AM-PSB) präsentieren, in Analogie zum Allgemeinen Modell der Psychotherapie (Orlinsky, 2009; siehe auch Gelo & Salvatore, in Vorb.).

Interdependenzbeziehung zwischen den Komponenten und der hierarchischen Struktur. Entsprechend dem vorgeschlagenen AM-PSB sehen wir den Beratungsprozess als komplexes System, bestehend aus mehreren, in Wechselwirkung miteinander stehenden Subsystemen (Komponenten), die eine hierarchische Struktur darstellen. Diese Subsysteme, die zusammen den Beratungsprozess repräsentieren, sind: (1) der Beratungsvertrag (d.h. die formalen und organisatorischen Aspekte, welche die KlientIn-BeraterIn-Interaktion definieren); (2) die Beratungsoperationen (d.h. die prozedurellen Aufgaben und Handlungen von KlientInnen und BeraterInnen); (3) die Beratungsbeziehung (d.h. die Qualität der emotionalen Involvierung von BeraterInnen und KlientInnen); (4) die Selbstbezogenheit (d.h. die reflexiven Aspekte und inneren psychologischen Zustände von KlientIn und BeraterIn) und (5) die Beratungsrealisierungen (d.h. die innerhalb der Sitzung stattfindenden Veränderungen von KlientInnen und/oder BeraterInnen, die für den  Erfolg der Beratung erwünscht sind).

Tabelle 1 zeigt die gesamte Organisation des AM-PSB: jedes dieser Subsysteme (Ebene 1-Subsysteme) wird durch andere zusammengesetzt (Ebene 2-Subsysteme), die wiederum aus anderen Subsystemen (Ebene 3-Subsysteme) bestehen; mehrere Subsysteme höherer Ordnung sind vorstellbar. Daher ist die Struktur der Beratung auf unterschiedlichen Ebenen hierarchisch organisiert; innerhalb dieser Struktur finden funktionelle Zusammenhänge zwischen den Systemkomponenten statt. Diese hierarchische Struktur ist typisch für offene komplexe Systeme und resultiert aus der Selbstorganisationsdynamik des Systems.

Innerhalb einer derartigen hierarchischen Struktur kann jedes beobachtbare höhere Subsystem (z.B. Ebene 1) als kollektives Verhalten aufgefasst werden, das aus der Synchronisierung (d.h. Muster- und Ordnungsbildung) der entsprechenden Komponenten aus der niedrigeren Ebenen (z.B. Ebene 2) entsteht (Weiteres im nächsten Abschnitt über die Beschreibung von selbstorganisierter Veränderungsdynamik in der Beratung). Jedes dieser so entstehenden kollektiven Verhalten kann, zumindest im Prinzip, durch einen korrespondierenden quantitativen Ordnungsparameter beschrieben und gemessen werden (z.B. die Qualität der Beratungsbeziehung kann durch die Erhebung der Arbeitsallianz zwischen KlientIn und BeraterIn erfasst und gemessen werden; siehe Horvath & Greenberg, 1986).

Offenheit zur Umgebung. Der Beratungsprozess wird also insoweit als offen betrachtet, als dort Information mit dessen Umgebung (Kontext) ausgetauscht wird. Dieser Informationsaustausch ist, zusammen mit der internen Dynamik des Systems, für die Selbstorganisation des Systems fundamental (mehr dazu weiter unten).

Um die Umgebung des Beratungssystems bestimmen zu können, ist jedenfalls Folgendes im Auge zu behalten: (1) Die Existenz von Grenzen ist notwendig, um zwischen dem System und seiner Umgebung differenzieren zu können. (2) Diese Grenzen sind immer physisch und/oder funktionell. (3) Der Aufbau derartiger Grenzen ist abhängig von der Wahl der Beobachtenden (welche wiederum hauptsächlich von ihren jeweiligen Interessen, Theorien, Forschungszielen usw. geprägt sind) und von der daraus folgenden jeweiligen Beobachtungsperspektive sowie den gewählten Niveaus bzw. Ebenen der Beobachtung (z.B. Ebene 1, Ebene 2, Ebene 3; siehe Tabelle 1). Sobald die Wahl getroffen wurde, welches System betrachtet wird, ist die Umgebung definiert durch „Subtraktion“ aller Informationen, die nicht zum ausgewählten System gehören. Entscheiden wir uns zum Beispiel, die Beratungsbeziehung zwischen KlientIn und BeraterIn zu fokussieren, besteht das Beratungssystem aus der Interaktion des Beitrages von KlientIn und BeraterIn zur Beziehung (Ebene 1-Subsystem; siehe Tabelle 1), während ihre Umgebung durch alles repräsentiert wird, was sich um das System befindet (z.B. Selbstbezogenheit, Beratungsoperationen, usw.). Wenn der Fokus unserer Aufmerksamkeit spezieller ist, z.B. auf den Gesamtbeitrag des Klienten/der Klientin zur Beziehung gelegt wird, besteht das Beratungssystem aus der Interaktion der Einstimmung des Klienten- / Klientinnenausdruckes und der affektiven Einstellung, so dass die Elemente, die zuvor Teil des Systems waren (d.h. der Gesamtbeitrag des Klienten/der Klientin zur Beziehung) nun Teil der Umgebung werden.

Jegliche Umweltquelle, von der angenommen werden kann, dass sie das Verhalten der kollektiven Variablen des Beratungssystems beeinflussen kann, wird als Change-Agent dieses Verhaltens betrachtet. Sie kann daher quantitativ durch einen Kontrollparameter des Systems beschrieben und gemessen werden. Angenommen, man ist z. B. an der Untersuchung der qualitativen Veränderung der Empfänglichkeit des Klienten / der Klientin über die Zeit interessiert. In einem derartigen Fall könnte die Kontrollvariable (Change-Agent) die Beratungsintervention sein. Die Grundidee ist, dass unter speziellen Umständen überschwellige Werte des ausgewählten Kontrollparameters das System in eine Reorganisation seiner Funktion schiebt und damit zu einer qualitativen Veränderung seines Verhaltens führt (mehr dazu im nächsten Abschnitt, der diese qualitative Umstrukturierung, die der Veränderungsdynamik von Beratungssystemen innewohnt, detailliert beschreibt).

Die intraindividuelle und interindividuelle Perspektive. Der Beratungsprozess kann aus intraindividueller oder interindividueller Perspektive betrachtet werden, je nach den Interessen der Forschenden und/oder ihrem jeweiligen theoretischen Hintergrund. Was die intraindividuelle Perspektive betrifft, ist das Beratungssystem entweder durch den Klienten/die Klientin oder den Berater/die Beraterin repräsentiert. Dabei besteht es aus den interagierenden Komponenten (Subsystemen), die zu einem Verhalten des einen oder anderen gehören (z.B. Klient- / Klientinpräsentation oder -empfänglichkeit, welche die Beratungsoperationen des Klienten/der Klientin bilden; Berater- / Beraterinverständnis und Berater- / Beraterininterventionen, welche die Beratungsoperationen des Beraters / der Beraterin bilden; siehe Tabelle 1).

Tabelle 1. AM-PSB: Hierarchische Organisation des Beratungsprozesses als offenes komplexes System.

Tabelle 1. AM-PSB: Hierarchische Organisation des Beratungsprozesses als offenes komplexes System.

Im Gegensatz zu einer intraindividuellen Perspektive wird bei einer interindividuellen Perspektive der Zusammenhang zwischen KlientIn und BeraterIn als ein einzelnes System betrachtet, bestehend aus den interagierenden Komponenten, die dem Verhalten des Klienten/der Klientin und des Beraters/der Beraterin gemeinsam sind (z.B. die Beratungsoperationen als aus der Interaktion von der KlientInnempfänglichkeit und Beratungsinterventionen hervorgehend aufgefasst; siehe Tabelle 1). Im verbleibenden Teil dieses Artikels werden wir uns auf Beispiele von KlientInnenempfänglichkeit und BeraterInneninterventionen (bzgl. der intraindividuellen Perspektive) beziehen, ebenso auf das Beispiel von der Beratungsbeziehung (bzgl. der interindividuellen Perspektive). In beiden Fällen besteht die Umgebung (innerhalb derer Change-Agents und die entsprechenden Kontrollparameter identifiziert werden können) aus all dem, was „rundum“ des zuvor als intraindividuell oder interindividuell definierten Systems gruppiert ist (siehe Tabelle 1).

3.2 Selbstorganisation: Veränderungsdynamik in der Psychosozialen Beratung

Wie ist es möglich, die Dynamik der Veränderungen über die Zeit eines Beratungssystems zu beschreiben? In den folgenden Absätzen wollen wir eine Antwort auf diese Frage vorschlagen, nämlich durch die Beschreibung von Veränderungen erster und zweiter Ordnung innerhalb des Beratungssystems. Damit werden wir uns systematisch auf die Klienten-/ Klientinempfänglichkeit, das Berater-/ Beraterinverständnis (intraindividuelle Perspektive) sowie auf die KlientInnen-BeraterInnen-Beziehung (interindividuelle Perspektive) beziehen.

Veränderungen erster Ordnung in der Psychosozialen Beratung. Veränderungen erster Ordnung in dem Beratungssystem sind repräsentiert durch alle Änderungen, die geschehen, solange das System rund um stabile und dominante Funktionsmuster (d.h. Attraktoren) organisiert bleibt. Diese Art der Veränderung geschieht, wenn das untersuchte System (KlientIn, BeraterIn, oder KlientIn-BeraterIn-System) mit Störungen (Kontrollparameter) innerhalb seiner Schwellenwerte konfrontiert wird, d.h. mit Informationen, die das System durch bereits existierende Funktionsmuster assimilieren kann. Als Konsequenz dieser Veränderungen erster Ordnung zeigt das Beratungssystem eine kleine, schrittweise, lineare und kontinuierliche Veränderung, die als assimilative Veränderung bezeichnet werden kann (Piaget, 1985). Das Beratungssystem weist eine dynamische Stabilität auf. Diese Adaptierungen werden als minimale Schwankungen ausgewählter, entlang bevorzugter Werte liegender Ordnungsparameter über die Zeit verstanden.

Die Darstellung der dynamischen Stabilität des Beratungssystems während der Veränderungen erster Ordnung zeigt eine Art „Baseline“, die auf die übliche und reguläre Funktionsweise des Beratungssystems in speziellen Momenten der Intervention weist. Das bedeutet, das z.B. während der Veränderung erster Ordnung die KlinetInnenempfänglichkeit, das BeraterInnenverständnis und/oder die BeraterIn-KlientIn-Beziehung ziemlich stabil bleiben, obwohl minimale Anderungen beobachtet werden können.

Gewünschte und zu überwindende Attraktoren. Die üblichen und vertrauten Funktionsweisen (d.h. Attraktoren) eines Beratungssystems in speziellen Momenten einer Intervention sind gewünscht oder zu überwinden, zumindest in Bezug auf die Interventionsziele und die jeweilige Beratungstheorie. Gewünschte Attraktoren sind funktionell für das Erreichen der Endziele der Intervention (z.B. ein ausreichendes Niveau der Empfänglichkeit des Klienten/der Klientin, des Verständnisses des Beraters/der Beraterin und der Arbeitsallianz zwischen KlientIn und BeraterIn). Diese können die stabilen Funktionsweisen des Beratungssystems aufweisen, entweder von Beginn der Beratung an oder “erworben” durch das System als Resultat vorheriger erfolgreicher Geschehnisse während der Intervention.

Im Gegensatz dazu sind zu überwindende Attraktoren Funktionsweisen des Beratungssystems, die, obwohl stabil und vertraut, problematisch für das Erreichen der Beratungsziele sind. Diese sind daher zu überwinden, damit Fortschritte (repräsentiert durch die Beratungsziele auf einer Mikroebene) geschehen können. Beispiele dafür wären ein relativ niedriges Niveau der KlientInnen-Empfänglichkeit, des Verständnisses des Beraters/der Beraterin und der BeraterIn-KlientIn-Allianz in speziellen Momenten des Beratungsprozesses.

Synchronizität und Selbstschutzmechanismen. Für die synchronen Interaktionen der Komponenten sowie die Aufrechterhaltung der Attraktorenzustände sind stabilisierende Kräfte (z.B. Selbstschutzmechanismen; siehe Mahoney, 1991) des Beratungssystems verantwortlich. Diese stabilisierenden Kräfte werden durch negative Feedback- und Feedforward-Schleifen der Systemkomponenten aufrecht gehalten, wodurch sie den status quo des Beratungssystems aufrecht halten. Selbstschutzmechanismen stellen kein Problem dar, sofern sie zur Aufrechterhaltung funktioneller und gewünschter Attraktoren beitragen. Diesbezüglich sind sie zum Beispiel für Resilienzphänomene zuständig, indem sie es dem System möglich machen, über einen Zeitraum hinweg bzw. während/nach der Beratung stabil zu bleiben.

Auf der anderen Seite stellen diese Mechanismen eine massive Herausforderung für das Erreichen der Beratungsziele dar: Das ist der Fall  bei dysfunktionalen, zu überwindenden Attraktoren. Diese Selbstschutzmechanismen werden typischerweise Widerstand genannt, wenn sie sich auf den Klienten/die Klientin beziehen. Jedoch können Selbstschutzmechanismen auch als Widerstand gegenüber Veränderungen bei dem Berater/der Beraterin und/oder bei dem BeraterIn-KlientIn-System verstanden werden. Das ist der Fall, wenn z.B. das BeraterInnenverständnis und/oder die BeraterIn-KlientIn-Beziehung dazu neigen, stabil über die Zeit zu bleiben.

Veränderungen zweiter Ordnung in der Psychosozialen Beratung. Veränderungen zweiter Ordnung (d.h. transformative Veränderungen) im Beratungssystem werden durch all jene Modifikationen repräsentiert, die innerhalb des Systems erfolgen, wenn es von der bislang existierenden Funktionsweise zu einer qualitativ neu entstehenden übergeht. Diese Art der Veränderung wird durch überschwellige Stimuli (Kontrollparameter) ausgelöst. Diese sind alle Informationen, die während der Sitzungen zwischen BeraterIn und KlientIn ausgetauscht werden und die die aktuellen Funktionsmuster des Beratungsystems nicht verarbeiten (assimilieren) können. Dies benötigt zur Verarbeitung eine Umstrukturierung des Beratungssystems. Die vom Beratungssystem gezeigte Veränderung ist dann groß, abrupt, nicht linear und diskontinuierlich und kann als akkommodative Veränderung (Piaget, 1985) bezeichnet werden. Durch Veränderungen zweiter Ordnung weist das Beratungssystem eine dynamische Transformation auf. Veränderungen zweiter Ordnung bestehen aus großen, abrupten und plötzlichen Veränderungen in den Werten der Ordnungsparameter, die wir verwendet haben, um die Attraktoren des Beratungssystems zu messen (z.B. die KlinentInnenempfänglichkeit, das BeraterInnenverständnis und/oder die BeraterIn-KlientIn-Beziehung. Diese qualitative Veränderung spiegelt die Etablierung einer anderen, neuen (mehr oder weniger funktionalen) Organisationsweise des Beratungssystems wieder. Das Beratungssystem ist jetzt auf einem neuen, zusätzlichen Funktionsniveau organisiert.

Veränderungen zweiter Ordnung repräsentieren ein plötzliches Abgehen vom bisherigen und üblichen Funktionieren des Beratungssystems in speziellen Momenten der Beratung, wodurch sich ein neues Verhalten des Systems ergibt. Ein deutlicher Anstieg in der Fähigkeit der KlientInnenempfänglichkeit, im Verständnis des Beraters/der Beraterin und in der Arbeitsallianz von KlientIn und BeraterIn sind prototypische Beispiele derartiger Veränderungen zweiter Ordnung während des Beratungsprozesses, die sich wohltuend auf das Ergebnis der Beratung auswirken können. Natürlich können Veränderungen zweiter Ordnung auch für die Verschlechterung der KlientInnenempfänglichkeit, des Verständnisses des Beraters/der Beraterin und der Arbeitsallianz von KlientIn und BeraterIn verantwortlich sein. Aus dieser Perspektive betrachtet, kann man sagen, dass die Essenz des Beratungsprozesses auf der einen Seite darin besteht, Veränderungen zweiter Ordnung zu unterstützen, um von dysfunktionalen und zu überwindenden Attraktoren zu wünschenswerten und mehr funktionalen Attraktoren bei KlientInnen, BeraterInnen und im KlientIn-BeraterIn-System überzugehen. Auf der anderen Seite geht es darum, Veränderungen zweiter Ordnung von funktionalen und erwünschten hin zu dysfunktionalen und zu überwindendnen Attraktoren zu verhindern.

Destabilisierung: Kontrollparameter und Desynchronisierung. Veränderung zweiter Ordnung wird durch die Destabilisierung alter Muster und durch die Entstehung von neuen realisiert. Dieser Prozess wird als Ordnung durch Schwankungen bezeichnet (Prigogine & Stengers, 1984). Destabilisierung repräsentiert einen Moment von erhöhter Turbulenz, Instabilität und Unordnung innerhalb des Beratungssystems (Caple, 1985; Frank-Saraceni, 1998). Instabilität wird traditionell intrinsisch als problematisch für den Beratungsprozess angesehen. Wie immer auch die Sichtweisen sein mögen, aus der DS-Perspektive ist Destabilisierung als notwendige, wenn auch nicht ausreichende Bedingung anerkannt, damit Veränderungen zweiter Ordnung innerhalb des Beratungssystems greifen können (Caple, 1985). Tatsächlich benötigt das Beratungssystem eine „Energetisierung“, damit alte Funktionsmuster (die zu überwindenden Attraktoren) aufgelockert werden können und neue Konfigurationen (die zu erreichenden Attraktoren) entstehen können (Haken, 2010).

Die Energetisierung des Systems wird durch spezifische Kontrollparameter (Change-Agents) bewirkt (Haken, 2010). Diese können, wenn sie überschwellige Werte erreichen, das Beratungssystem in Phasen der kritischen Instabilität führen, wobei dieser Prozess durch positive Feedback- und Feedforward-Schleifen zwischen den Systemkomponenten aufrechtgehalten wird. Was die KlientInnen oder das KlientIn-BeraterIn-System betrifft, sind die besten Beispiele für Kontrollparameter jene BeraterInneninterventionen, die den Klienten/die Klientin in der Beratungsarbeit engagieren und/oder herausfordern. Dies sind Beispiele für von BeraterInnen absichtlich beeinflussten Change-Agents, um den Klienten/die Klientin oder das KlientIn-BeraterIn-System neuen Informationen auszusetzen, die die bisherigen (zu überwindenden) Verhaltensmuster stören und herausfordern, um auf diese Weise  das System zu destabilisieren. Entsprechend dieser Perspektive kann der Berater/die Beraterin als strategischer Verstörer angesehen werden (Guidano, 1987, 1991).

BeraterInneninterventionen sind nicht die einzigen Kontrollparameter der KlientInnen und/oder des KlientIn-BeraterIn-Systems. Andere Verhalten, die dem Berater/der Beraterin, aber auch dem Klienten/der Klientin oder dem KlientIn-BeraterIn-System zugeschrieben werden können, sind zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind Kontrollparameter nicht unbedingt absichtlich von dem Berater/der Beraterin gesteuert: Das heißt, das betreffende System kann auch spontan in eine Phase der Destabilisierung eintreten. Beispiele dafür seien das Verständnis des Beraters/der Beraterin oder die KlientIn-BeraterIn-Beziehung, die in unterschiedlichen Ausmaßen und Wegen kausal die Empfänglichkeit des Klienten/der Klientin beinflussen können; oder die Selbstbezogenheit von KlientInnen und/oder BeraterInnen, die kausal die KlientIn-BeraterIn-Beziehung beeinflussen kann. Schließlich ist festzuhalten, dass Change-Agents (und die korrespondierenden Kontrollparameter), obwohl sie typischerweise für KlientInnen und das KlientIn-BeraterIn-System angedacht sind, sehr wohl auch für das BeraterInnensystem konzeptualisiert werden können. Es wäre z.B. interessant zu erforschen, wie die KlientInnen-Empfänglichkeit und/oder die KlientIn-BeraterIn-Beziehung kausal die BeraterInneninterventionen beeinflusst (siehe Tabelle 1).

Im Kontext der Psychotherapie zeigen Ford und Urban (1998) eine einsichtsreiche Beschreibung einiger heuristischer Strategien, auf Grund derer die Modifikation der Kontrollparameter Veränderungen zweiter Ordnung fördern kann: (a) Das zu verändernde Muster muss in Realzeit vorliegen (Aktivierung im Kontext). (b) Das Bewusstsein bezüglich des zu verändernden Musters kann den Veränderungsprozess unterstützen (Bewusstsein im Kontext). (c) Das zu verändernde Muster muss genau in der Situation gestört werden, in der es typischerweise auftritt (Störung im Kontext). (d) Eine adäquate Beratungsbeziehung muss etabliert worden sein, die eine stützende Umgebung repräsentiert, damit das Beratungssystem die Wechsel zu Phasen der Destabilisierung und Verstörung aushalten kann (Zusammenhalt im Kontext). Diese heuristischen und günstigen Bedingungen scheinen gleichermaßen für die Beratungskontexte anwendbar zu sein.

Sobald die Destabilisierung stattgefunden hat findet sich das Beratungssystem in einer Phase kritischer Schwankungen, Instabilität und Unordnung. Dies wird durch ein verstärktes desynchrones Zusammenspiel der wesentlichen Komponenten aufrechterhalten (siehe Tabelle 1). Deshalb zeigt das System nunmehr eine große Variabilität in Bereichen wie z.B. Gedankenmuster, Affekt und Sozialverhalten. Die genaue Vorgangsweise wird vom System abhängen, auf das wir fokussieren (d.h. KlientIn, BeraterIn, KlientIn-BeraterIn), und ebenfalls vom gewählten Niveau der Beobachtung (z.B. Ebene 1-, Ebene 2-, oder Ebene 3-Subsystem; siehe Tabelle 1). Diese Variabilität wird ausgedrückt in extremen Fluktuationen der Ordnungsparameter, die die kollektiven Verhaltensmuster des Systems repräsentieren. Als Konsequenz davon kann z.B. eine kritische Verschlechterung der KlientInnen-Empfänglichkeit, des BeraterInnenverständnisses oder der KlientIn-BeraterIn-Beziehung beobachtet werden. Während dieser Momente ist das Beratungssystem im Repellorzustand, und selbst kleine Störungen sind in der Lage, das System in einen stabileren Zustand von Funktion zu bewegen. Darüber hinaus sollte festgehalten werden, dass derartige Phasen der Instabilität sehr kurz sind, da sie die funktionelle Integrität und Identität des Systems massiv bedrohen (siehe Thelen & Smith, 2006).

Kritische Fluktuationen: Verschluss oder Öffnung zur Veränderung? Die kritischen Fluktuationen, die die Augenblicke der Instabilität im Beratungssystem charakterisieren, repräsentieren sehr wesentliche Momente während des Beratungsprozesses. Auf der einen Seite repräsentieren sie problematische Momente während des Beratungsprozesses. Da die Funktionsmuster, die ursprünglich dem System Struktur und Sicherheit gegeben haben, nunmehr erschüttert sind, berichten KlientInnen häufig von Desorganisation, Angst und sogar Verletzlichkeit, während der Berater/die Beraterin über ein genuines Unwohlsein berichten kann. Die Qualität des Arbeitsbündnisses ist ebenso zumeist beeinträchtigt. Auf der anderen Seite repräsentieren die Phasen kritischer Instabilität während des Beratungsprozesses eine einzigartige Möglichkeit für das Beratungssystem, explorativ neue, möglicherweise mehr als bislang sinnvolle und adaptive Funktionsmuster zu testen, während die alten Muster mit den möglicherweise neuen konkurrieren (Thelen & Smith, 2006). Das Potential der Destabilisierung des Klienten/der Klientin wurde von einigen Autoren im Kontext der Psychotherapie hervorgehoben (z.B. Gumz, Geyer, & Brähler, 2013; Hager, 1992); dabei wurde betont, wie wichtig die Destabilisierung eines Systems für die Organisation neuer adaptiver Muster in dem Beratungsprozess ist.

Kritische Instabilitäten und Fluktuationen können während der Beratung als Brüche aufgefasst werden und stellen unvermeidbare Entwicklungsherausforderungen dar, die sowohl der Klient/die Klientin als auch der Berater/die Beraterin adäquat bewältigen müssen, damit der Beratungsprozess davon profitieren kann (für eine analoge Konzeptualisierung in der Entwicklungspsychologie und in der Psychotherapie, siehe Gelo & Salvatore, in Vorb.; Gelo, 2014).

Reorganisation: funktionelle und dysfunktionelle Resychronisierung. Nach einer Periode der Destabilisierung kann eventuell eine Veränderung zweiter Ordnung erfolgen. In anderen Worten, es wird eine Reorganisation des Gesamtverhaltens des Beratungssystems beobachtbar, die in der nichtlinearen (plötzlichen und abrupten) Entstehung neuer, qualitativ unterschiedlicher Funktionsmuster sichtbar wird (d.h. Phasenübergänge oder Bifurkationen; Prigogine & Stengers, 1984). Dieser Prozess ist durch die Resynchronisierung in der Aktivität der verschiedenen Elemente des beobachteten Beratungsprozesses (siehe Tabelle 1) charakterisiert. Als Konsequenz dieser Resynchronisierung kann das Beratungssystem unter Umständen nunmehr in neue, bevorzugte Funktionsweisen bewegt werden. Dies kann beispielsweise eine qualitativ unterschiedliche KlientInnenempfänglichkeit, ein qualitativ unterschiedliches BeraterInnverständnis oder BeraterIn-KlientIn-Bündnis zur Folge haben.

Die Reorganisation, der das Beratungssystem nach einer Phase kritischer Fluktuationen ausgesetzt ist, kann funktional oder dysfunktional sein. Das heißt, es kann das Beratungssystem zu höheren Niveaus von Flexibilität, Differenzierung, Integration und Adaptionsfähigkeit leiten oder nicht. Das hängt unter anderem von zwei fundamentalen Bedingungen ab. Eine erste Bedingung ist, dass eine sichere Umgebung geschaffen oder aufrechterhalten werden muss, damit das Beratungssystem die hervortretende Instabilität aushalten kann. Wenn man auf den Klienten/die Klientin oder das KlientIn-BeraterIn-System fokussiert, erfolgt das üblicherweise durch intensive Arbeit an der Arbeitsallianz, die während Instabilitätsphasen sehr niedrige Niveaus zeigt; der Berater/die Beraterin hat daher dafür Sorge zu tragen, dass die während dieser Momente sehr häufigen Versuche des Klienten/der Klientin, die Allianz einzureißen, registriert werden (siehe Safran, Muran, & Proskurov, 2009 für eine entsprechende Konzeptualisierung im Kontext der Psychotherapie). Darüber hinaus können unterstützende Interventionsstrategien verwendet werden, um das System mit empathischer Unterstützung und Struktur zu versorgen. Bezüglich des BeraterInnensystems sollte die zukünftige Arbeit darauf abzielen, festzustellen, welches Verhalten des Klienten/der Klientin (allein oder in Interaktion mit dem Berater/der Beraterin) es dem Berater/der Beraterin während der Behandlung möglich macht, Momente der Instabilität auszuhalten. Die Relevanz einer sicheren interpersonellen Umgebung zum Aushalten intensiver Destabilisierung während der Behandlung ist kohärent mit empirischen Befunden, die zeigen, dass die Arbeitsallianz eine starke Vorhersagekraft für Fortschritt und Ergebnis des Beratungsprozesses hat (De Haan & Nieß, 2012).

Eine zweite Bedingung ist, dass die Ressourcen des Beratungssystems verstärkt oder aufrechterhalten werden müssen um (a) es dem Beratungssystem zu gestatten, die Kompetenzen zu entwickeln, die dazu notwendig sind, die Instabilität auszuhalten und (b) die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass das System seine Aktivität weitaus mehr in funktionelle als in dysfunktionelle Muster organisiert.

Funktionale Resynchronisierung. Wenn diese zwei Bedinungen erfüllt sind, wird das Beratungssystem sehr wahrscheinlich in der Lage sein, das Entwicklungspotential der Phasen kritischer Instabilität anzusteuern, so dass sogenannte funktionale Übergänge geschehen können, die durch die vorwärtsgewandte Reorganisation unterstützt werden. In anderen Worten, die Destabilisierung der vertrauten, immer noch zu überwindenden Muster des Beratungssystems wird es den Komponenten ermöglichen, sich rund um wünschenswerte Attraktoren zu reorganisieren. Somit gleitet das System sehr rasch in eine neue und wesentlich funktionellere Organisation (z.B. eine höhere KlientInnenempfänglichkeit, ein höheres Niveau des BeraterInnenverständnisses und/oder der KlientIn-BeraterIn-Beziehung). Als Konsequenz davon sind anpassungsfähigere und flexiblere Funktionsmuster im Beratungssystem beobachtbar und der Beratungsprozess wird effektiver. Diese funktionelle Reorganisation spiegelt sich in plötzlichen Sprüngen in den Werten der Ordnungsparameter wider, die wir dafür verwendet haben, um das kollektive Verhalten des Systems zu messen; an diesem Punkt geschieht dann eine Veränderung zweiter Ordnung.

Ein anderes Beispiel funktioneller Reorganisation kann funktionelle Restauration genannt werden. Diese wird  durch die rückwärtsgewandte Reorganisation unterstützt und geschieht, wenn das Beratungssystems in der Lage ist, nach einer Destabilisierung zu vormals wünschenswerten Mustern der Funktionsweise zurückzukehren; es zeigt dann sozusagen sitzungsinterne Resilienzphänomene. Das ist z.B. der Fall, wenn das System in der Lage ist, adäquate Niveaus von KlientInnenempfänglichkeit, BeraterInnenverständnis und/oder KlientIn-BeraterIn-Beziehung zurück zu erhalten. In diesem Fall kann man nicht von Veränderung zweiter Ordnung sprechen, da sich nach der Instabilitätsphase kein qualitativ neuer Attraktor etabliert. Unabhängig davon sind derartige funktionelle Restaurationen essentiell, um es dem Beratungssystem zu ermöglichen, gewünschte Funktionsmuster im Zuge des Beratungsprozesses beizubehalten, nachdem es Phasen der Instabilität erlebt hat. Ebenso bedarf es in diesem Fall der zuvor beschriebenen Erfordernisse einer sicheren Umgebung und ausreichender, zur Verfügung stehender Ressourcen.

Dysfunktionale Resynchronisierung. Auf der anderen Seite lassen sich so genannte Feststeck-Episoden beobachten, wenn während der Destabilisierungsphase eine sichere Umgebung nicht aufrechterhalten oder zur Verfügung gestellt werden kann. Dies ist der Fall, wenn sich das System nach einer Instabilitätsphase, rund um alte, eigentlich zu überwindende Attraktoren reorganisiert und so zu den dysfunktionalen Mustern zurückkehrt, die die ursprüngliche Aktivität vor der Destabilisierung gekennzeichnet haben. Dieser funktionelle Rückfall äußert sich in einer Rückkehr zur Baseline der Systemwerte des kollektiven Verhaltens, mediiert durch die rückwärtsgewandte Organisation. Das ist ein Beispiel für dysfunktionale Restauration, die in der Beratungspraxis beobachtet werden kann, wenn es zu Regressionen innerhalb der Sitzungen kommt (also ein Rückfall auf niedrige Niveaus  bei der KlientInnenempfänglichkeit, beim BeraterInnenverhalten und/oder bei der KlientIn-BeraterIn-Beziehung).

Ein anderes Beispiel für dysfunktionale Reorganisation sind dysfunktionale Übergänge (oder Schäden; siehe Orlinsky, Rønnestad, & Willutzki, 2004 für ein analoges Konzept im Kontext der Psychotherapie). Wie zuvor im Falle der funktionalen Übergänge beschrieben, werden diese durch die im System vorwärtsgerichtete Reorganisation mediiert. Die Differenz liegt de facto darin, dass es möglich ist, das Entstehen eines qualitativ neuen Funktionsmusters beobachten zu können, welches aus theoretischer Sicht als zu überwindend und nicht wünschenswert einzustufen ist. In diesem Fall beobachten wir eine Veränderung zweiter Ordnung im Beratungssystem, wie es eben typischerweise dann geschieht, wenn das betrachtete System eine signifikante Verschlechterung seiner Verhaltensparameter zeigt (z.B. Reduktion der KlientInnenempfänglichkeit, des BeraterInnenverständnisses und/oder der KlientIn-BeraterIn-Beziehung).

Der Beratungsfortschritt. Diesem DS-Ansatz zur Veränderung zufolge bestehen Fortschritte im Beratungsprozess nicht in einem ständigen, linearen und schrittweisen Aufstieg in Richtung funktionalere und adaptivere Funktionsniveaus. Vielmehr stellt Veränderung einen uneinheitlichen und diskontinuierlichen Prozess dar, der durch nichtlineare und irreguläre Bahnen charakterisiert ist. Diese Sicht des Beratungsfortschritts ist übereinstimmend mit der Idee, derzufolge Veränderungen es mit sich bringen, dass es schlechter werden muss bevor es besser wird (Mahoney, 1991). Noch präziser betrachtet ist es erwartbar, dass Beratungsfortschritt charakterisiert ist durch den von Pascual-Leone (2009) definierten „zwei Schritt vor, ein Schritt zurück“-Entwicklungsverlauf (S. 114).

4. Schlussfolgerung

Ein metatheoretischer Rahmen, der erklären kann, wie Veränderungsprozesse in der PSB stattfinden, kann sehr tiefgehend zur wissenschaftlichen Begründung der Beratung beitragen. Im vorliegenden Papier haben wir gezeigt, dass der DS-Ansatz einen derartigen Rahmen bilden kann. Auf dieser Überlegung basierend kann Beratung als offenes, komplexes System aufgefasst werden, repräsentiert durch den Klienten/die Klientin, den Berater/die Beraterin und/oder ihren Zusammenhang. Darüber hinaus kann der im Beratungssystem gezeigte Veränderungsprozess in den Begrifflichkeiten der Selbstorganisation erklärt werden. Es handelt sich dabei um einen dialektischen Prozess des Hin-und-Her-Oszillierens zwischen den Momenten, wo entweder Stabilität (Veränderung erster Ordnung) oder Stabilität (Veränderung zweiter Ordnung) vorherrscht. Im ersten Fall funktioniert das Beratungssystem wie gewohnt entlang gewohnter Weisen, die wir Attraktoren nennen. Im zweiten Fall zeigt das Beratungssystem die Entwicklung qualitativ neuer Funktionsmuster, nachdem es sich durch Phasen kritischer Instabilität bewegt hat. Diese Instabilitätsphasen werden daher als notwendige, wenn auch nicht ausreichende Bedingung für Veränderung angesehen. Aus dieser Perspektive können Ziele und Ergebnisse von Beratungsforschung folgendermaßen beschrieben werden: (a) die adäquate Definition von jeweils aufrechzuhaltenden, zu überwindenden und zu erreichenden Funktionsmustern (Attraktoren) im KlientInnen-, BeraterInnen-, und/oder KlientIn-BeraterIn-System; (b) die Identifikation der Faktoren (Change-Agents) welche für die Realisierung von funktionaler Veränderung zweiter Ordnung verantwortlich sind.

Zukünftige Forschung sollte systematisch danach streben, den Beratungsprozess im Sinne der Begrifflichkeit eines offenen, komplexen Systems zu beschreiben (insbesondere als Set von dynamisch interagierenden Elementen mit einer hierarchischen Struktur, die Information mit der Umgebung austauscht), und dann jeden Aspekt sowohl auf der Makroebene (z.B. Ebene 1-Subsysteme) und auf der Ebene der Einzelelemente (z.B. Ebene 1-Subsysteme) (siehe Tabelle 1) zu betrachten. Das würde es ermöglichen, das Verhalten des Beratungsprozesses bezüglich Ordnungsparameter und/oder seiner Bestandteile zu messen. Danach kann die Aufgabe angegangen werden, den Beratungsveränderungsprozess systematisch zu konzeptualisieren, insbesondere bezüglich der dialektischen Verhältnisse von Veränderung erster und zweiter Ordnung. Sobald das Verhalten eines Beratungssystems verstanden wird, u. z. durch einen oder mehrere Ordnungsparameter und/oder durch die Interaktionen seiner Bestandteile, können Forschende zunächst die Momente extremer Variabilität (Phasenübergänge) identifizieren und in weiterer Folge das Verhalten des Systems vorher und nachher erforschen, um herauszufinden, welche kritischen Instabilitäten für eine adaptive Restrukturierung funktionell sind und welche nicht. Dies sollte nicht nur bzgl. des KlientInnen-Systems getan werden, sondern auch bzgl. des BeraterInnen- und des BeraterIn-KlientIn-Systems. Wir meinen, dass die im DS-Rahmen begründete Sichtweise der Beratungsveränderungsprozesse es den BeraterInnen ebenso wie den Forschenden ermöglicht, alte Phänomene in neuem Licht zu betrachten. Darüber hinaus kann diese neue Betrachtungsweise Forschende wesentlich dazu anregen, empirische Forschung durchzuführen, die in der Lage ist, Veränderungsprozesse in Bezug auf die Prinzipien der Selbstorganisation zu erklären. Wir hoffen, dass dies zu einer wissenschaftlichen Fundierung der Beratung beitragen kann.

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Eingegangen: 26. Mai 2015
Peer Review: 5. Juni 2015
Angenommen: 25. Juni 2015

 

Diesen Artikel zitieren als:
Gelo, O. C. G., Schütz, P. & Lagetto, G. (2015). Veränderungsprozesse in der Psychosoziale Beratung: Die Perspektive der dynamischen Systemtheorie. Zeitschrift für Beratungs- und Managementwissenschaften, 2, 39–52.

 

AutorInnen

Dr. Omar Carlo Gioacchino Gelo; Professor für Dynamische Psychologie an der Universität Salento und Leiter des englisch-sprachigen Doktoratsprogramms für Psychotherapiewissenschaften an der Sigmund Freud Privatuniversität; Mitglied der wissenschaftlichen Leitung der ARGE Bildungsmanagement, Universitätsinstitut für Beratungs- und Managementwissenschaften am Department Psychologie der Sigmund Freud Privatuniversität.

Univ.-Lektor Mag. Peter Schütz, MSc, MBA, PhD cand.; Gesundheitspsychologe & Lehrpsychotherapeut (ECP, DG, NL), Wirtschaftsmediator.

Mag. Gloria Lagetto; Psychologin und Praktikantin an der Universität Salento.

 

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