Wissenswertes
Richtlinien für die Online Beratung und Digitale Beratung im Rahmen von Beratungsberufen
Infolge der Rund-um-die-Uhr-Nutzung des Internets mittels mobiler Medien wird sich das Tätigkeitsfeld von Beratungsberufen – ergänzend zur face-to-face Beratung – in Zukunft zu den Methoden der mobilen Beratung hin öffnen.
Bei Online- und Digitaler Beratung nutzen die Ratsuchenden bereits den Vorteil, sich jederzeit und überall via Schrift z.B.: E-Mail, Foren, Chat, SMS bzw. Ton und Bild z.B.: Telefon, Skype beraten zu lassen.
Für die Online-Beratung gelten folgende Grundsätze:
- Online- und Digitale Beratung ersetzen keinesfalls die face-to-face Beratung. Sie stellt vielmehr eine nutzeradäquate, ortsunabhängige sowie zeit- und ressourcenschonende Erweiterung des Beratungsspektrums dar.
- Qualifizierte Online- und Digitale Beratung benötigt eine fundierte Weiterbildung mit den Inhalten spezifischer medialer Theorien und Methoden.
Ziel von Online- und Digitaler Beratung ist es, bei den Ratsuchenden Lernprozesse in Gang zu setzen, die ihre Selbststeuerungs- und Handlungsfähigkeit verbessern.
Die Interventionen stützen sich auf anerkannte beraterische Methoden und beziehen medienspezifische und berufsethische Standards (Schweigepflicht, Datenschutz, Erkennbarkeit der Beraterkompetenz über Gütesiegel etc.) mit ein.
1. Qualifikation für die Online- und Digitale Beratung
- Ausbildung in Beratungsberufen
- Praxiserfahrung in der face-to-face Beratung
- Absolvierung des Weiterbildungscurriculums in Online- und Digitaler Beratung
- Selbsterfahrung und Supervision im Online- und Digitalen Beratungssetting
2. Menschenbild und Beratungsverständnis
Online- und Digitale BeraterInnen sind folgenden Werten verpflichtet:
- einem humanistischen Menschenbild in Form eines verantwortlichen und vertraulichen Umgangs mit den KlientInnen im medienbasierten Beratungsprozess;
- einem Beratungsverständnis, in dem jeder Mensch als lernfähiges Individuum gesehen wird, dessen Ressourcen und Potentiale erkannt und gefördert werden;
- einer lösungsorientierten Haltung, die die virtuellen KlientInnen unterstützt, sich mit Hilfe der Beratung konstruktiv und pro-aktiv weiterzuentwickeln und ihre Probleme (privat oder beruflich) mittels beraterischer Hilfe selber lösen zu lernen;
- der Bereitschaft, als BeraterIn die virtuelle, beraterische Tätigkeit in Form von Supervision, Intervision etc. regelmäßig zu reflektieren und sich laufend nach den modernen Qualitätsstandards der Online- und Digitalen Beratung fortzubilden.
3. Kompetenzen der Online- und Digitalen BeraterInnen
3.1 Selbstreflexive und theoretische Fähigkeiten
- Selbstfürsorge und reflektierte Professionalität (Wissen um die Grenzen der eigenen Belastbarkeit, rechtzeitiges Erkennen von Anzeichen psychischer Veränderungen und Inanspruchnahme persönlicher Entlastungsmöglichkeiten über Coaching und Supervision etc.);
- Selbsterfahrung in face-to-face Beratung sowie Online- und Digitaler Beratung;
- Kenntnis theoretischer Konzepte von Online- und Digitaler Beratung.
3.2 Beraterische und kommunikative Fähigkeiten
Lesekompetenz
- Fähigkeit, geschriebene Texte aufzunehmen, zu erfassen und die Anliegen der Ratsuchenden zu verstehen.
Sprachkompetenz
- Fähigkeit, sich den sprachlichen Möglichkeiten der Ratsuchenden anzupassen.
Diagnosekompetenz
- Fähigkeit, den Ausprägungsgrad einer geschilderten Problematik zu erkennen und die Eignung für eine Online- und Digitale Beratung beurteilen zu können;
- Realistische Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen von Online- und Digitaler Beratung.
Verweisungskompetenz
- Fähigkeit zu entscheiden, ob die Weitervermittlung an eine Fachberatung (Psychiatrie, Psychotherapie etc.) erforderlich ist;
- Kenntnisse darüber, welche Online- und Digitalen Beratungsangebote (Mail, Chat, Forum, SMS, Skype etc.) für spezielle Zielgruppen im deutschsprachigen Raum angeboten werden.
Auftragsklärung und Contracting
- Fähigkeit und technisches Wissen, mit Ratsuchenden Auftrag und Rahmen-bedingungen für die digitale Beratung zu klären.
Hypothesenbildung
- Fähigkeit, sich anhand der auf die Medien reduzierten Informationen sorgfältig und qualitativ Hypothesen zu den Anliegen und Problemen der KlientInnen sowie deren Veränderungspotentialen zu bilden;
- Fähigkeit, im Rahmen der virtuellen Kommunikation „zwischen den Zeilen zu lesen“.
Virtuelle Beziehungsgestaltung
- Fähigkeit, in fachlich-persönlicher Verbindlichkeit eine entwicklungsfähige, geschützte Beratungsbeziehung virtuell durchzuführen. Beraterisches Knowhow und persönliche Skills werden in den virtuellen Kontext transferiert und nutzbar gemacht. Übertragungsphänomene werden im virtuellen Setting erkannt und professionell bearbeitet.
Kontextanalyse und Kontextsensibilität
- Fähigkeit, die Lebensumstände der um Rat Suchenden wahrzunehmen (gender, kulturell, politisch, institutionell) und in der digitalen Beratung zu berücksichtigen.
Ressourcenorientierung
- Fähigkeit, KlientInnen darin zu unterstützen, ihre eigenen Ressourcen zu nutzen, um Lösungen für ihre Probleme zu finden.
3.3 Technische Kompetenzen
- Basiswissen über EDV-Hardware und Software (inkl. webbasierte Kommunikation als Beratungsvoraussetzung);
- Anwenderwissen über das Internet und aktuelle mediale Kommunikationsformen (Mail, Chat, Forum, SMS, Skype etc.);
- Offene und kritische Einstellung zu aktuellen (Forschungs-)Trends und Erkenntnissen in der Online- und Digitalen Beratung.
3.4 Datenschutz- und Sicherheitskompetenz
- Gewährleistung der geltenden Datenschutzbestimmungen für den Online- und Digitalen Beratungsprozess sowie Anwendung der dafür notwendigen sicherheitstechnischen Voraussetzungen; Absicherung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung;
- Beurteilung und Gewährleistung von Maßnahmen, betreffend Datensicherheit, insbesondere der Datenübertragung (Verschlüsselung bzw. webbasierte Datenübertragung, Virenschutz) und der Datenaufbewahrung (Schutz des Computers vor fremdem Zugriff durch Firewalls und Passwort).
4. Rechtliche Voraussetzungen und Grundbedingungen
- Fähigkeit, sich im Spannungsfeld von Haftungs- und Urheberrechtsfragen bzw. dem Strafrecht auch online/digital kompetent und sicher bewegen zu können (Verschwiegenheit, Anzeigepflicht etc.).
© Die Richtlinien wurden von Mag. Dr. Karlheinz Benke, MAS und der ARGE Bildungsmanagement erstellt. Die Inhalte entsprechen den Standards der DGOB (Deutsche Gesellschaft für Onlineberatung).