Erika Schneider - Burnout und Firmenkultur: Individuelle und unternehmenskulturelle Zusammenhänge zum ressourcengenerierenden Umgang mit Burnout

Zeitschrift für Beratungs- und Managementwissenschaften
Ausgabe 2015/01
ISSN 2312–5853

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Erika Schneider 1,◊

Burnout und Firmenkultur: Individuelle und unternehmenskulturelle Zusammenhänge zum ressourcengenerierenden Umgang mit Burnout

Zusammenfassung

Auf der Grundlage einer 2012 durchgeführten Masterthesis befasst sich der Artikel mit der Frage, inwieweit Management und Unternehmensleitung durch den Aufbau von „starken“ Unternehmenskulturen Burnout in ihrem Unternehmen reduzieren bzw. von den Erfahrungen zurückgekehrter Betroffener von Burnout partizipieren können. Für den empirischen Teil der Arbeit wurden narrative teilstrukturierte Leitfadeninterviews mit sechs Betroffenen und zwei ExpertInnen geführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen einen engen Zusammenhang zwischen Burnoutprävention und Erfolgsfaktoren für Unternehmenskulturen. Die wichtigsten Faktoren sind ein interessantes Aufgabengebiet mit Entwicklungsmöglichkeiten, Wertschätzung durch Vorgesetzte, bewältigbarer Arbeitsaufwand, Aktivitäten zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit, insbesondere von Führungskräften. Erreicht wird dies durch Übernahme von Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen, der Wahrnehmungs- und Reflexionsfähigkeit der Unternehmensleitung, Offenheit für Alternativen und einer Enttabuisierung des Themas Burnout in Unternehmen. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass durch bewusste Steuerung einer positiven, tatsächlich gelebten Unternehmenskultur ein sinnvoller Beitrag zur Vermeidung von Burnout in Unternehmen geleistet werden kann.

Abstract

This paper, based on the masterthesis carried out in 2012, focuses on the possibilities of the management to reduce burnout in enterprises by learning from the experiences of burnout affected returnees and as a result, establishing “strong“ corporate cultures. The empirical part contains narrative, semi-structured guided interviews with six burnout affected persons and two experts, analyzed by following the qualitative content analysis of Mayring. The results show a clear correlation between burnout prevention and success factors of corporate cultures. The most important factors are an interesting field of activity, career opportunities, appreciation by superiors and a manageable workload. This could be achieved by employees that take personal responsibility, by executive managers who increase their ability of perception and are open for alternative solutions and by a corporate culture that removes the taboo associated with burnout. This paper implies the conclusion, that a consciously lived corporate culture and its active management can be a useful contribution to achieve burnout prevention in enterprises.

Keywords: Burnout, Führungskräfte, Management, Prävention, Unternehmen, Unternehmenskultur

 

1 Institut ARGE Bildungsmanagement am Department Psychologie der Sigmund Freud Privatuniversität

Korrespondenz über diesen Artikel ist zu richten an E. Schneider, MSc, ARGE Bildungsmanagement, Friedstraße 23, 1210 Wien. E-Mail: officeⒶberatung-coaching-mediation.com

 

1. Einleitung

Burnout ist ein Phänomen, das in den letzten Jahren zunehmend thematisiert und sowohl in Unternehmen als auch unter Experten und Expertinnen kontroversiell diskutiert wird. Studien weisen auf eine rasante Zunahme von psychischen Erkrankungen unter Erwerbstätigen in Österreich und Deutschland und vielen anderen Ländern hin (Gallup, 2012; Karmasin, 2009; WIFO, 2011). Burnout nimmt dabei eine relevante Größe ein, wobei keine genauen Zahlen dazu vorliegen. Unternehmenskultur bietet die Möglichkeit Werte, für das Unternehmen zu entwickeln, welche die Ziele des Unternehmens lebbar für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sichtbar für Kunden und Kundinnen und den Markt machen. Für die Entwicklung einer starken Unternehmenskultur wurden sowohl in der Forschung als auch in Unternehmen Instrumente entworfen und installiert, die den Erfolg der Unternehmen festigen und fördern sollen. Grund genug darüber nachzudenken, inwieweit diese Instrumente der Unternehmenskultur nutzbar sind, um sinnvolle Burnoutprävention zu betreiben. Nachgegangen wird diesen Fragen anhand einer theoretischen Auseinandersetzung mit den Begriffen Burnout und Unternehmenskultur unter Einbeziehung aktueller Studien sowie einer empirischen qualitativen Untersuchung durch Interviews mit Betroffenen und ExpertInnen.2

2 Der Artikel bezieht sich auf eine Masterthesis von der Autorin (Schneider, 2014).

1.2. Burnout

Definition. In der Burnout-Literatur existiert keine einheitliche Definition des Burnout-Begriffes, der von allen mit der Thematik Befassten als „Definition“ anerkannt würde. Das liegt daran, dass von vielen Autoren und Autorinnen auf Definitionsversuche von Herbert Freudenberger oder Christina Maslach zurückgegriffen wurde (die sehr früh und maßgeblich zur Burnout-Forschung beitrugen), die nach Burisch (2006, S. 14) „bemerkenswert wenig übereinstimmten“. In der besprochenen Masterthesis wurde auf ein Verständnis des Burnoutbegriffes nach Kernen zurückgegriffen, da diese Definition sowohl das Spannungsfeld der internen wie auch externen Faktoren einbezieht, sich nicht auf spezielle Gruppen begrenzt, sowohl auf Ressourcen als auch auf Beanspruchungen Bezug nimmt und auf den prozesshaften Verlauf und auf den Einfluss des Werteverständnisses hinweist. Kernen (2005, S. 17) beschreibt Burnout als eine „allgemein defizitäre Ressourcenkonstellation auf individueller sowie institutioneller Ebene“, welche „wiederum nicht unabhängig von Veränderungen in der Arbeitswelt und vom Wandel im Werteverständnis zu sehen ist“. Daraus ergibt sich für Kernen (2005, S. 36): „Burnout ist die Folge eines Ungleichgewichts zwischen Ressourcen und Beanspruchung, eine Folge von ressourcenabbauenden Transaktionen eines Individuums, innerhalb seiner physischen, psychischen und externen Ressourcenfelder.“

Verbreitung. Zellenberg (2010) zeigt die Problematik auf, dass es in Österreich keine statistischen Angaben über das Burnout-Phänomen gibt, sehr wohl aber Schätzungen bestehen, die besagen, dass 20-25% aller ArbeitnehmerInnen von Burnout betroffen sind (Venus, 2005 zit.n. Zellenberg, 2010). Seriöses Datenmaterial gibt es dazu allerdings nicht.

Eine Burnout-Studie von Business Doctors, durchgeführt von Karmasin Motivforschung (2009) aus dem Erhebungszeitraum 10/2007 bis 5/2008, kam zu ähnlichen Ergebnissen in den Berufssparten Allgemein, IT, Versicherungen, Banken und Handel.

Nach dem Engagement Index Deutschland 2011 von Gallup (2012) belaufen sich in Deutschland die jährlichen volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund von innerer Kündigung auf zwischen € 122,3 Mio. und € 124 Mio.

Ursachen. Ähnlich wie bei der Definitionsproblematik gibt es unterschiedliche Thesen in der Burnout-Literatur, die die Ursachenfeststellung erschweren, wobei man in der jüngeren Burnout-Literatur immer mehr zur Überzeugung gelangt, dass ein Zusammenspiel aller Faktoren (Persönlichkeit, Unternehmen und gesellschaftliche Veränderungen) Burnout begünstigt.

Maslach und Leitner (2001) erwähnen auszugsweise folgende Ursachen:

  • intensivere Arbeitsbedingungen und Einsparungen;
  • Arbeit wird komplexer;
  • mangelnde Möglichkeit, Arbeitsabläufe frei zu wählen und zu entscheiden (Bürokratie, Berichtwesen, endlose Meetings);
  • Verlust der Sicherheit des Arbeitsplatzes;
  • Freude an der Arbeit verlieren;
  • atypische, kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse;
  • unterschiedliche Interpretation von Werten durch Vorgesetzte;
  • Widerspruch zwischen Unternehmenswerten und gelebtem Alltag in der Abteilung.

Burisch (2006, S. 222) weist darauf hin, dass durch „zunehmende gesellschaftliche Veränderungsprozesse wie Globalisierung und das Bewusstsein einer ökologischen Krise, zahlreiche individuelle Zielprojektionen nach unten korrigiert werden mussten“. Des Weiteren weist er auf die gewaltigen Umwälzungen durch das rasante Vordringen der elektronischen Datenverarbeitung in allen Lebensbereichen hin, die seiner Meinung nach zu „weiteren Autonomieeinbußen“ (Burisch, 2006, S. 222) führen. Auch wird beschrieben, dass in einer zunehmend wettbewerbsorientierten individualisierten westlichen Kultur die Arbeit als potentielle Befriedigungsquelle betrachtet und mit Erwartungen befrachtet wird, die sich dann oft nicht erfüllen (Burisch, 2006).

1.3. Unternehmenskultur

Definition. Jedes Unternehmen besitzt laut Sackmann (2004, S. 24) eine spezielle Unternehmenskultur. Diese definiert sie wie folgt:

„Der Kern oder die unsichtbare Basis einer Unternehmenskultur besteht aus jenen grundlegenden kollektiven Überzeugungen, die das Denken, Handeln und Empfinden der Führungskräfte und Mitarbeiter im Unternehmen maßgeblich beeinflussen und die insgesamt typisch für das Unternehmen bzw. eine Gruppe im Unternehmen sind.“

Charakteristika erfolgreicher Unternehmenskulturen. Sackmann (2004, S. 193) stützt sich auf zehn Charakteristika, die ihrer Meinung nach gut ausgestaltet, fokussiert und umgesetzt sein müssen, damit Unternehmenskultur erfolgsunterstützend wird. Diese sind:

  • „Klare Identität, gemeinsame Zielorientierung und -umsetzung
  • Konsequente Ausrichtung auf den Kunden
  • Innovations-, Lern- und Entwicklungsorientierung
  • Partnerschaftliches und kulturkonformes Führungsverhalten
  • Führungskontinuität
  • Unternehmertum im Unternehmen
  • Das Selbstverständnis eines Corporate Citizen
  • Engagierte, transparente und unabhängige Unternehmensaufsicht
  • Orientierung an profitablem, nachhaltigem Wachstum
  • Grundlegende Überzeugungen, Haltungen und gelebte Werte“

1.4. Zusammenhänge Burnout / Unternehmenskultur

Es zeigen sich in der Literatur eindeutig Parallelen zwischen Burnoutprävention und Aufbau starker Unternehmenskulturen. Als Schlüssel zur Burnoutprophylaxe sehen Maslach & Leitner (2001) den Aufbau von Identifikation mit dem Unternehmen. So bezeichnen sie klare Werte eines Unternehmens als „lebenswichtige Ressource“ (Maslach & Leitner, 2001, S. 154), um Burnout zu verhindern. Sie beschreiben sechs Komponenten auf dem Weg zur Identifikation und damit zur Burnoutverhinderung, wie „ertragbare Arbeitsbelastung, Gefühle von Entscheidungsfreiheit und Kontrolle, Anerkennung und Belohnung, Gemeinschaftssinn, Fairness, Respekt und Gerechtigkeit sowie sinnvolle und wertvolle Arbeit“ (Maslach & Leitner, 2001, S. 154). Sackmann (2004) beschreibt ähnliche Ziele zur Hervorbringung einer starken Unternehmenskultur.

Auch aktuelle Studien verweisen auf ähnliche Zusammenhänge. In einer Studie der Karmasin Motivforschung aus dem Jahre 2009 im Auftrag von Business Doctors wurden folgende Faktoren erhoben, die in der Arbeitswelt mit Burnout in direkten Zusammenhang stehen:

  • Personen, die ihre Tätigkeit als abwechslungsreich und interessant empfinden, sind deutlich weniger burnoutgefährdet, und dies in allen untersuchten Bereichen.
  • Eine entscheidende Rolle spielen der Entscheidungsspielraum sowie die Form der Arbeitsanweisungen.
  • Burnoutgefährdete klagen viel häufiger über widersprüchliche Arbeitsanweisungen.
  • Erfolgserlebnisse und eine zufriedenstellende berufliche Entwicklung sind von Bedeutung.
  • Burnoutgefährdete haben kein so gutes Verhältnis zu ArbeitskollegInnen und Vorgesetzten als weniger gefährdete Personen.

Auch diese Studie aus Österreich lässt den engen Zusammenhang der ausgeführten Parameter mit denen in der Unternehmenskultur und in der Burnoutforschung als wichtig erachteten Faktoren erkennen.

Aufgrund dieser Ergebnisse sollte in der qualitativen Studie die Frage geklärt werden, inwieweit Management und Unternehmensleitung die Möglichkeit haben, durch Unternehmenskultur Burnout in ihrem Unternehmen zu reduzieren bzw. vorzubeugen. Sie versteht sich auch als Beitrag, mögliche neue Zusammenhänge in der Verbindung von Unternehmenskultur und Burnout zu erkennen, um einen aktuellen, gesellschaftlich relevanten Diskurs zu bereichern.

2. Methode

2.1. Stichprobe

Es wurden insgesamt 8 Interviews geführt. Die Betroffeneninterviews (Vorliegen einer Burnout-Diagnose) wurden mit drei männlichen und drei weiblichen Führungskräften des mittleren Managements im Alter zwischen 35 und 52 Jahren geführt. Bis auf eine Person sind alle wieder in ihr Unternehmen zurückgekehrt. Die Personen kamen aus den Berufsfeldern Ministerium (1 Person), Interessensvertretung (2 Personen), Universität (1 Person), Bankwesen (1 Person) und Versicherung (1 Person).

Die ExpertInneninterviews wurden mit einem männlichen Experten aus der Unternehmensberatung, zuständig für unternehmenskulturelle Prozesse und einer weiblichen Expertin, welche in einem großen Unternehmen für Changeprozesse der Unternehmenskultur verantwortlich ist, geführt.

2.2. Datenerhebung

Die narrativen Interviews wurden im Zeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 anhand eines teilstrukturierten Fragebogens geführt, am Laptop aufgenommen, durch ein Gedächtnisprotokoll ergänzt und anschließend transkribiert und ausgewertet. Die Betroffeneninterviews fanden vorwiegend in der eigenen Praxis der Autorin statt, die ExpertInneninterviews in deren Büroräumlichkeiten, wobei hier ein eigener teilstrukturierter Fragebogen verwendet wurde. Es wurden folgende Forschungsfragen untersucht:

  • Frage 1: Mit welcher Motivation, Erwartung und individuellen Ansprüchen an sich selbst steigen Burnout-Betroffene ins Unternehmen ein?
  • Frage 2: Welche unternehmensrelevanten Aspekte haben zu ihrer Erkrankung beigetragen beziehungsweise führen dazu, die Entstehung von Burnout aus ihrer Sicht zu verhindern?
  • Frage 3: Welchen Symptomen sollte Beachtung geschenkt werden und welche Zeiträume vergehen zwischen ersten Symptomen und Diagnose/Therapie?
  • Frage 4: Welche individuellen, sozialen und unternehmensunterstützenden Maßnahmen haben zu ihrer Genesung geführt?
  • Frage 5: Haben sich durch die persönlichen Erfahrungen und Rückkehr ins Berufsleben Veränderungen in der eigenen Rolle als Träger von Unternehmemskultur ergeben, die wieder auf das Unternehmen wirkten?

2.3. Datenauswertung

Es wurde anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet, dessen Ziel es ist „das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben und durch Abstraktion einen überschaubaren Korpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist“ (Mayring, 2010, S. 65). Dies geschah durch die Autorin des vorliegenden Papers in mehreren Schritten:

  • Bestimmung der Analyseeinheiten
  • Aufbau eines Kategorisierungssystems
  • Paraphrasierung der inhaltstragenden Textstellen
  • Generalisierung der Paraphrasen
  • Erste und zweite Reduktion
  • Zusammenstellung der neuen Aussagen als Kategoriensystem
  • Rücküberprüfung des zusammengefassten Kategoriensystems am Ausgangsmaterial

3. Ergebnisse

Die Ergebnisse können hinsichtlich der einzelnen Forschungsfragen wie folgt zusammengefasst werden:

Frage 1: Hauptmotive waren Lust an der neuen Aufgabe, Wunsch nach Weiterentwicklung, Karrieremöglichkeiten und die Hoffnung, große Ziele zu erreichen. Ansprüche an sich selbst sind vor allem durch hohen Leistungswillen gekennzeichnet.

Frage 2: Hier wurde vor allem der Anstieg der Arbeitsbelastung durch immer neue Projekte, ohne Grundtätigkeiten zu reduzieren, genannt. Weitere Aspekte waren mangelnde Wertschätzung für herausragende Leistungen, fehlende Motivation und Unterstützung durch direkte Vorgesetzte, sowie Konflikte zwischen Abteilungen beziehungsweise Hierarchien, ambivalente Führungsstile und mangelnde Entfaltungsmöglichkeiten.

Frage 3: Es wurden vielfältige psychische und körperliche Krankheitsbilder genannt. Vor allem bei auffällig nachlassender Immunabwehr, gehäuften Krankenständen, zunehmender Unausgeglichenheit oder innerem Rückzug, kann Unterstützung angeboten werden, da zwischen den ersten Symptomen und Diagnosestellung zwischen zwei und zehn Jahren Zeit vergangen ist.

Frage 4: Individuell wurden vor allem Therapie, Reha-Aufenthalte und Entspannungstechniken wie Yoga genannt. Unterstützend von Seiten des Unternehmens wurde die Möglichkeit des reduzierten Einstiegs, reduzierte Erwartungshaltung und Verständnis von Vorgesetzen erlebt.

Frage 5: Folgende entscheidende Faktoren wurden hier genannt:

  • Übernahme von Verantwortung im Ausmaß dessen, was leistbar ist.
  • Erlernen einer durchsetzbaren, positiven Konfliktkultur
  • Hintanstellen von Perfektionismus
  • klare Kommunikation gegenüber MitarbeiterInnen und Vorgesetzten

Negative Effekte waren die Ambivalenz von KollegInnen gegenüber Privilegien und die Befürchtung, als nicht mehr so belastbar erlebt zu werden. ExpertInnen wiesen noch auf die Gefahr von kollektivem Burnout im Unternehmen hin, wenn die Wahrnehmung und Reflexion über den Zustand des Unternehmens auf einer Metaebene vermieden wird.

4. Diskussion

Zusammenfassend liegen folgende Schlüsse nahe, inwieweit Unternehmen ihren Beitrag zur Reduzierung von Burnout leisten können. Besondere Aufmerksamkeit bedarf die Schaffung interessanter, selbstbestimmter Arbeitsfelder, die einen klaren Rahmen zur Entfaltung von Innovation und Kreativität bieten, um die Leistungsmotivation aufrechtzuerhalten.

Des Weiteren ist darauf zu achten, dass Vorgesetzte eine Kultur der Fairness, der Wertschätzung und der partnerschaftlichen, an Sachargumenten orientierten Konfliktkultur leben.

Führungskräfte sollten die Möglichkeit erhalten, die Werte der Unternehmensleitung mit den eigenen Werten in Übereinstimmung zu bringen.

Ein zentraler Faktor zur Burnoutprophylaxe ist ein überschaubarer und bewältigbarer Arbeitsaufwand, durch den die Ressourcen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht permanent minimiert werden. Dies ist dadurch erreichbar, dass man darauf achtet, Projekte, die nicht sinnvoll sind, wirklich zu beenden und nach Veränderungsprozessen Zeit für Ruhe und Stabilität einzuräumen.

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die erfolgreich Burnout bekämpft haben, entwickeln einen höheren Anteil an Eigenverantwortung, um die oben angeführten Punkte in ihrem Unternehmen zu leben, nötigenfalls einzufordern und zu gestalten, was wertvolle Ressourcen für die Unternehmen bietet. Außerdem wird das Thema Burnout enttabuisiert, was dazu führt, dass Handlungen gesetzt werden, die hilfreich sind, betroffene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entlastet werden und rechtzeitig Schritte unternommen werden können, um ein Zusammenbrechen, innere Kündigung oder Wechsel des Unternehmens zu vermeiden.

Dies setzt eine Wahrnehmungs- und Reflexionsbereitschaft der Unternehmensleitung voraus, die in Unternehmen nach Einschätzung der Interviewpartner und -partnerinnen nur selten zu finden ist.

Überraschend war festzustellen, dass sowohl die theoretische Auseinandersetzung wie auch Studien und die empirischen Ergebnisse ein übereinstimmendes klares Bild über den engen Zusammenhang zwischen Burnoutprävention und erfolgreicher Unternehmenskultur ergaben, so dass hier ein möglicher Weg zur Reduktion von Burnout im Sinne von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen bzw. Unternehmen aufgezeigt werden konnte.

Literatur

Burisch, M. (2006). Burnout-Syndrom: Theorie der inneren Erschöpfung, zahlreiche Fallbeispiele, Hilfen zur Selbsthilfe. Heidelberg: Springer.

Gallup (2012). Engagement Index Deutschland 2011. http://eu.gallup.com/berlin/118645/gallup-engagement-index.aspx. Abrufdatum: 01.06.2015.

Karmasin Motivforschung (2009). Burnout Studie. netzwerke.oegb.at/oegb_mobbing/data/upload/Burnout%20Studie.pdf. Abrufdatum: 01.06.2015.

Kernen, H. (1999). Burnout-Prophylaxe im Management: Erfolgreiches individuelles und institutionelles Ressourcenmanagement. Bern / Stuttgart / Wien: Haupt.

Kernen, H., & Meier, G. (2005). Arbeit als Ressource. Gesund und leistungsfähig dank persönlichem und betrieblichem Ressourcenmanagement. Schweiz: Haupt.

Kernen, H. (2006). Burnout muss nicht sein! Die Arbeit nicht nur als Belastung, sondern auch als Ressource verstehen. Neue Züricher Zeitung, 85, 79.

Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken (11. Auflage). Weinheim / Basel: Beltz.

Maslach, C., & Leitner, M. (2001). Die Wahrheit über Burnout: Stress am Arbeitsplatz und was sie dagegen tun können. Wien / New York: Springer.

Sackmann, S. (2004). Erfolgsfaktor Unternehmenskultur: Mit kulturbewussten Management Unternehmensziele erreichen und Identifikation schaffen. Wiesbaden: Gabler.

Schneider, E. (2014). Sicherer Umgang mit Burnout im Unternehmen: Individuelle und unternehmenskulturelle Zusammenhänge. Wiesbaden: Springer.

Zellenberg, S. (2010). Die soziale Konstruktion von Burnout in For-Profit Organisationen: Eine qualitative Untersuchung auf Basis der Grounded Theory Methode. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Wirtschaftsuniversität Wien, Wien.

 

Eingegangen: 21. April 2015
Peer Review: 12. Mai 2015
Angenommen: 3. Juni 2015

 

Diesen Artikel zitieren als:
Schneider, E. (2015). Burnout und Firmenkultur: Individuelle und unternehemskulturelle Zusammenhänge zum ressourcengenerierenden Umgang mit Bournout. Zeitschrift für Beratungs- und Managementwissenschaften, 2, 53–58.

 

Autorin

Erika Schneider, MSc; Systemische Psychotherapie, Coaching, Mediation, Unternehmensberatung im psychosozialen Kontext und mediativen Führen, Supervision, Training; Absolventin der ARGE Bildungsmanagement.

 

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