Am Ende des Tages: business as usual

/ News & Aktuelles

Keine Auswirkungen des neuen PsychologInnengesetzes auf den Tätigkeitsbereich der Lebens- und SozialberaterInnen.

Keine Auswirkungen des neuen PsychologInnengesetzes auf den Tätigkeitsbereich der Lebens- und SozialberaterInnen

Keine Auswirkungen des neuen PsychologInnengesetzes auf den Tätigkeitsbereich der Lebens- und SozialberaterInnen.

Aber: nutzen wir die Chance!
Die Mobilisierungskampagne des Fachverbandes der Lebens- und SozialberaterInnen ist gelaufen, jetzt soll wieder Ruhe einkehren, damit wir uns der Beratungspraxis, der Ausbildung und dem Studium widmen können.
Versuchen wir, die teils heftig geführten Diskussionen rund um das PsychologInnengesetz in den wichtigsten Punkten zu analysieren:

  1. Zusatz zum PsychologInnengesetz
    Wir rechnen damit, dass der für uns Lebens- und SozialberaterInnen psychologisch wichtige Zusatz ...“durch das PsychologInnengesetz wird das konzessionierte Gewerbe der Lebens- und SozialberaterInnen nicht berührt!“ entweder auf parlamentarischem Weg oder über das Ministerium (BMG) kommen wird, sobald die Koalitionsregierung steht, also im Dezember 2013 / Januar 2014. Bemühungen dazu sind über das Ministerium, die WKO, das Parlament / Wirtschaftsparlament bereits in Gang.
    Dieser Zusatz ist allerdings für die Lebens- und SozialberaterInnen keinesfalls überlebenswichtig, weil ihr Tätigkeitsfeld und ihre Berufsberechtigung ohnehin durch die Gewerbeordnung gesichert ist, was vom Gesundheitsministerium bestätigt wird (siehe Beilage).

  2. Ziele des neuen PsychologInnengesetzes
    Das PsychologInnengesetz 2013 beschreibt im Vergleich zum Psychologengesetz 1990 die Arbeitsbereiche der klinischen PsychologInnen - und der GesundheitspsychologInnen konkreter, wobei vor allem dem Tätigkeitsbereich der GesundheitspsychologInnen breiter Raum gegeben wird (§ 13P6 2013). Die Intention ist hier, für GesundheitspsychologInnen, die bisher eher ein Schattendasein führten, ein Arbeitsfeld zu definieren.
    Auffällig, aber nicht verwunderlich, ist, dass bei allen angeführten Tätigkeitsbereichen der Vorspann „gesundheitspsychologisch“ verwendet wird, wodurch die Berufsbeschreibungen etwas gestelzt klingen – aber es handelt sich eben um GesundheitspsychologInnen, die ihre Arbeit um diesen Begriff herum definieren müssen. Und klar ist auch, dass die beschriebenen Tätigkeiten ins Arbeitsfeld der Lebens- und SozialberaterInnen hineinreichen, genauso wie die Tätigkeitsfelder der Lebens- und SozialberaterInnen auch die Bereiche der PsychologInnen (und PsychotherapeutInnen) tangieren. Der Mensch lässt sich nicht in Berufsgruppeninteressen teilen, sondern lebt in relativen Befindlichkeiten und Übergängen. Ich bin übrigens selbst Klin. Psychologe, Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut und LSB und kenne die Arbeitsfelder (K.R.).
    Die übereilte Verabschiedung des Psychologengesetzes vor dem Sommer 2013 ist zu kritisieren. Dass eine berufliche Interessensvertretung und Lobbyinggruppe den Gesetzestext formuliert und das Gesetz dann zur Verabschiedung im Parlament und im Bundesrat ohne Diskussion einfach durchgewunken wird, ist demokratiepolitisch skandalös und wird zu Recht in der WKO kritisiert.

  3. Interessensvertretung der Österr. PsychologInnen (BÖP)
    Der BÖP versucht in einer Stellungnahme eine Abgrenzung zwischen Gesundheitspsychologie und Lebens- und Sozialberatung zu ziehen, in der ebenfalls die Tätigkeitsbereiche und die Berufsberechtigung der LSB selbstverständlich anerkannt werden.
    Allerdings wird von den KollegInnen der BÖP in der Auflistung der Tätigkeitsbereiche der Lebens- und SozialberaterInnen (§ 119 GewO) die „psychologische Beratung“ (sic!), die ein Grundpfeiler der Beratungstätigkeit der LSB darstellt, nicht angeführt. Außerdem wird behauptet, dass die Beratungstätigkeit der Lebens- und SozialberaterInnen sich nur auf Einzelpersonen beschränkt, was absurd ist (siehe § 119 GewO, der ausdrücklich auf „die Beratung und Betreuung von Menschen ... abzielt) und sicherlich einen Irrtum darstellt.
    Häufig führen solche Stellungnahmen die Meinungen von Rechtsanwälten oder anderen juristischen Personen zur Absicherung an. Lassen wir uns dadurch nicht beeindrucken, sie stellen lediglich Einschätzungen dieser Personen dar und sollten uns nicht weiter beunruhigen.
    Es ist aber klar, dass der BÖP sein eigenes Klientel bedienen muss und wir in allen Beratungsberufen bis hin zur Alternativ-Medizin miteinander in Konkurrenz stehen.

  4. Kampagne des Fachverbandes der Lebens- und SozialberaterInnen
    Die Kampagne des Fachverbandes ist zu unterstützen, weil sie für die Berufsrechte der LSB (§ 119 GewO) und vor allem für zukünftige Maßnahmen zur Stärkung des Berufstandes der LSB eintritt. Hier könnten die kolportierten €400.000,- sehr effektiv und sinnvoll eingesetzt werden (siehe später).
    Die Inhalte der Kampagne waren im wording überschießend und verunsichernd und sowohl für die KlientInnen, die Praxis der Lebens- und SozialberaterInnen, aber auch für die Studierenden wenig hilfreich.
    Es ist unverantwortlich bzw. inhaltlich einfach falsch, über „Berufsverbot“ und „Arbeitslosigkeit aller LSB“ ab Inkrafttreten des Gesetzes im Juli 2014 Angst zu machen, dasselbe gilt auch für die absurde Ankündigung, die Ausstellung der Gewerbeberechtigungen einzustellen, welche ja gar nicht im Kompetenzbereich des Fachverbandes liegt, sondern bekanntlich von der Gewerbebehörde wahrgenommen wird! Die Panikmache haben viele LSB als Affront gegen die eigene KollegInnenschaft und deren Interessen wahrgenommen.
    Es ist auch nicht redlich, die bekannten „worst case“-Formulierungen von juristischen Gutachtern („es ist zu befürchten“) als bereits eingetretene Tatsachen („es ist verboten“) darzustellen.
    Wir haben diese Form der Kampagne, basierend auf Panikmache, kritisiert, weil sie die Lebens- und SozialberaterInnen und die Studierenden für ihre Zwecke instrumentalisiert. Eine mit Bedacht überlegte, strategische Vorgangsweise scheint uns effizienter zu sein.
    Doch warten wir die weiteren Schritte des Fachverbandes und vor allem deren Resultate ab.
    Aus einem aktuellen Telefonat (5.12.13) mit Herrn Andreas Herz, Bundesvorsitzender der LSB und Fachverbandsobmann, können wir entnehmen, dass der Fachverband die gegenwärtige Entwicklung positiv sieht und zukünftig vor allem in die Qualitätsentwicklung der LSB investieren will. Das liegt genau im Interesse aller LSB.

  5. Werden die LSB in ihrer Berufstätigkeit eingeschränkt? – Versuche einer realistischen Einschätzung
    Die Arbeitsbereiche der Lebens- und SozialberaterInnen und der GesundheitspsychologInnen überschneiden sich. Lebens- und SozialberaterInnen wenden psychologische Beratung, nicht jedoch gesundheitspsychologische Beratung an und verwenden psychologische und psychotherapeutische Methoden in ihrer Beratungspraxis. Sie arbeiten nicht wie GesundheitspsychologInnen.

    Ein Kommentar von Frau Dr. Lanske (BMG) zum Berufsfeld und zur Berufsberechtigung der LSB ist hier aufschlussreich (siehe Beilage). Die einzelnen Positionen werden geklärt, und Frau Dr. Lanske weist darauf hin, dass krankheitswertige Störungen kein Arbeitsfeld für LSB darstellen, sondern den Gesundheitsberufen vorbehalten sind. Diese Abgrenzung ist den LSB wohl bekannt.

    Noch drastischer treibt es eine zurzeit kursierende Unterschriften-Liste von LSB-KollegInnen „Petition gegen das PsychologInnen-Gesetz“ genannt, in der vom „wirtschaftlichen Todesurteil für viele im Gesundheits- und Vorsorgebereich Tätigen“ gewarnt wird. Das Engagement der KollegInnen in Ehren, aber warum eine sodramatische Szenerie, bleiben wir doch bei den Tatsachen.

  6. Resumée / Lessons Learned
    Nach all den Diskussionen und Emotionen ist es notwendig, darüber nachzudenken, was wir aus den bisherigen Erfahrungen lernen können und welche Anliegen uns LSB verbinden. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, es gilt allein die Orientierung auf die Zukunft.
    1. Als erste Maßnahme schlagen wir vor, dass der Fachverband die Angstkampagne zurückfährt und geeignete Aktionen setzt, um seine MitgliederInnen, die LSB insgesamt und die KlientInnen realistisch aufzuklären und zu beruhigen. Sinnvoll wäre hier z.B. die Bereitstellung einer jederzeit abrufbaren juristischen Unterstützung / Beratung bei Bedrohungen, Ankündigungen von Klagen etc., die Berufstätigkeiten oder das Berufsrecht von LSB betreffend, so wie es auch bei anderen Berufsvertretungen im Beratungsbereich üblich ist. Das würde vielen KollegInnen ein großes Sicherheitsgefühl verschaffen.
    2. Die Auseinandersetzung um das neue PsychologInnengesetz signalisiert, dass die Konkurrenz am BeraterInnenmarkt härter wird. Die Lebens- und SozialberaterInnen sind dafür gut gerüstet, sie sind eine große Berufsgruppe, Anfeindungen von Anderen stellen eine Anerkennung dieser Position dar. Hinzu kommt noch, dass die Lebens- und Sozialberatung am Beratungsmarkt bereits fest etabliert ist und GesundheitspsychologInnen gerade danach streben.
    3. Die Konkurrenzsituation und die Diskussionen darum sollen uns Anstöße geben, die Lebens- und Sozialberatung qualitativ weiterzuentwickeln, u.a.:
      • Reform der Ausbildung / Überarbeitung des Curriculums nach den anerkannten Qualitätskriterienpsychosozialer Ausbildungen;
      • ausschließliche Schulung in wissenschaftlich anerkannten psychologischen und psychotherapeutischen Methoden in der Ausbildung;
      • Abgrenzung zu Esoterik, Religion und Privaterfindungen; als Feld für die Weiterbildung sollen diese Themen durchaus diskutiert werden. Interessant zu beobachten ist, dass die Alternativ-Medizin (siehe Fortbildung der Ärztekammer für MedizinerInnen) Dienstleistungen in diesen Bereichen unter der Bezeichnung "medizinisch-wissenschaftlich" bereits anbietet. Auch die sehr lebendige HeilpraktikerInnen-Szene in Deutschland wäre zu studieren.
      • Qualitätskriterien in der Ausbildung nach ECTS;
      • Seriöse und nachvollziehbare Anrechnungspraxis;
      • Akkreditierung und Anerkennung von Weiterbildungen (keine Beliebigkeit), die Veranstaltung von wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen;
      • Etablierung einer Ethikkommission zur Konfliktklärung zwischen KlientInnen und BeraterInnen, zwischen Studierenden und Ausbildungsinstituten im Sinne des Konsumentenschutzes;
      • Beauftragung von wissenschaftlicher Forschung zu: Verbreitung, Tätigkeitsumfang, Problemfeld KlientInnengruppen und Effizienz der LSB - Beratung (Wirksamkeitsforschung);
      • Öffnung öffentlicher Einrichtungen für die Anstellung von Lebens- und SozialberaterInnen, Erarbeitung neuer Tätigkeitsfelder;
      • Beauftragung einer professionellen PR- und Image-Kampagne. Die € 400.000,- könnten in einer solchen Qualitätsoffensive gut eingesetzt werden, qualitative Beratung und Ausbildung sind sichere Zukunftsperspektiven für den Berufsstand der LSB.

Viele Lebens- und SozialberaterInnen und Ausbildungsträger haben die Notwendigkeit zur Qualitätsorientierung bereits erkannt und arbeiten erfolgreich. Passen wir uns der aktuellen Bildungsdiskussion an, und erhöhen wir unsere Qualität in der Aus- und Weiterbildung.
Orientieren wir uns an den Bedürfnissen unserer KlientInnen und an den Problemfeldern der Gesellschaft, denn der Beratungsfelder für LSB gibt es viele.

Dr. Klaus Rückert
DSA Valerie Pichler-Rückert