Politik killt berufliche akademische Weiterbildung in Österreich!

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Abschaffung der Lehrgänge universitären Charakters (LUCs) ohne Nachfolgeregelung.

 

Zwei Jahre Verhandlungen mit vielen Vorsprachen im Ministerium und bei den WissenschaftssprecherInnen der Koalitionsparteien sind gescheitert. Damit werden die Lehrgänge universitären Charakters (im Folgenden LUCs genannt) geschlossen, und ein erfolgreicher Bildungsweg für Berufstätige unnötig vernichtet.

Genug der freundlichen Worte, die nichts bedeuten, der Versprechungen die nicht gehalten werden. Die politische Realität zeigt ihre Krallen. Was bleibt, ist Ärger bei den betroffenen Studierenden und den Bildungsträgern, Ärger über die vergebene Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich, der qualitative Arbeitskräfte dringend benötigt.

Worum geht es?

Kalte Abschaltung der Lehrgänge universitären Charakters ohne Nachfolgeregelung.

Seit den dreizehn Jahren ihres Bestehens haben die LUCs die universitäre Bildungslandschaft bereichert:

  • Ca. 30 000 AbsolventInnen, Altersgruppe 40+, oftmals in Leitungsfunktionen in Wirtschafts-, Sozial- u. Gesundheitsberufen oder sogar als bildungsverantwortliche Abgeordnete im Nationalrat tätig.
  • 47 privatwirtschaftlich organisierte Bildungsträger aus ganz Österreich, welche die beste volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Relation für die Akademisierung Berufstätiger aufweisen.
  • Ca. 5000 TeilnehmerInnen jährlich an Bildungsprogrammen, die den Steuerzahler nichts kosten, weil die Studierenden und die Arbeitgeber Eigenmittel in die beruflichen Spezialisierungen investieren.

Mit der Schließung der LUCs verspielt Österreich wieder eine Chance, sich als Bildungsland international zu etablieren.

Machtinteressen, nicht Fachargumente bestimmen das Land.

„Wir werden einen Platz für Sie finden“ – Mit dieser Botschaft wurden die Anbieter und Studierende der Lehrgänge vom Ministerium über 2 Jahre ruhig gestellt - eine Ironie der Politik wie sich nun herausstellt, angesichts des Auslaufens des Gesetzes für die LUCs 2012.

Das Ministerium kreiste zwei Jahre: Heraus kamen als Nachfolge für die LUCs, mäßig kreative „Zertifikatslehrgänge“, von denen es bereits hunderte gibt. Die betroffenen Bildungsträger werden auf ein Abstellgleis gestellt, ohne jegliche Anbindung an den Bologna-Prozess.

Gut, dass mittlerweile der Verfassungsdienst das BMWF als nicht zuständig für Zertifikatslehrgänge einstuft – ein wenig blamabel für die Top-JuristInnen im BMWF!

Was ist geschehen:

Klare Strategie der Universitätenkonferenz (Uniko) ist es, ab 2012 das Monopol zur Vergabe akademischer Titel wieder zurückzuholen und lästige Konkurrenten auszuschalten. In den Turbulenzen um die Finanzierungsdiskussion der Universitäten (Studiengebühren, Massenuniversität, Schließungsdrohungen) hat das Ministerium nachgegeben. Die LUCs sind das Bauernopfer.

Die Qualitätskritik ist eine bekannte Killerphrase, wer wirft den ersten Stein? Dem Qualitätsvergleich mit Universitätslehrgängen stellen wir uns gerne. In Zeiten der Wissensgesellschaft haben Hochschulen per se nicht mehr die Qualität der Lehre für sich allein gepachtet.

Warum killt man ein gut etabliertes Weiterbildungsangebot für Berufstätige und übergibt es an Hochschulen, die schon mit ihrer Grundaufgabe der Ausbildung überfordert sind?

⅔ der universitären Weiterbildung wird erfolgreich von den LUCs abgedeckt. Sie sind somit eine Erfolgsgeschichte, weil sie interessante, praxistaugliche Professionalisierungen, didaktische Lernqualität und ein gutes Service für Studierende bieten.

Das Bologna-Reglement sieht vor, dass zukünftig nur mehr Hochschulen akademische Titel verleihen.

Daher unsere Frage, die wir seit 2 Jahren an die Politik stellen:
Warum etablieren wir nicht Hochschulische Institute für die universitäre Weiterbildung im Qualitätssicherungsrahmengesetz?
Das ist ein Vorschlag der LUCs, aber auch des Österr. Akkreditierungsrates und der WKÖ. Man könnte, aber will nicht – siehe Kniefall des BMWF vor der Uniko.

WutbürgerInnen formieren sich

Die kalte Abschaffung der Lehrgänge universitären Charakters im Dezember 2012 sieht keine Übergangsregelung vor und berücksichtigt somit keine Härtefälle bei Studierenden, die aus diversen Lebensumständen nicht abschließen können.

Sie zwingt uns in die Kooperation mit Hochschulen, die bis zu 30% der Studiengebühren dafür verlangen, dass wir die Arbeit für sie machen. Dadurch verteuern sich die Lehrgangskosten für die Konsumenten enorm. AK und ÖGB als Arbeitnehmervertreter schauen tatenlos zu.

Langsam verliert man die Lust auf Österreich, und wir finden uns in der wachsenden Anzahl der WutbürgerInnen wieder.

Dr. Klaus Rückert 01.04.2011
Präsident des Verbandes der Erwachsenenbildungsträger Österreichs (VEBÖ)