Jubiläumsfest 25 Jahre Psychotherapeutisches Propädeutikum in der ARGE Bildungsmanagement

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Festnachlese 23.05.2019

Jubiläumsfest 25 Jahre Psychotherapeutisches Propädeutikum in der ARGE Bildungsmanagement

Der Fachbereich Psychotherapeutisches Propädeutikum wird heuer 25 Jahre alt, der erste Lehrgangsstart erfolgte im Jahr 1993.

Die ARGE Bildungsmanagement sammelt allmählich Geschichte an und mit ihr viele ReferentInnen, AbsolventInnen und aktuell Studierende, die Teile dieser Geschichte sind und sie mitgestalten.

Im begleitenden kurzweiligen Programm blicken wir zurück auf ¼ Jahrhundert Psychotherapeutisches Propädeutikum, um Gedanken anzuregen wie:

  • Zu welchem Zeitpunkt waren Sie Teil dieser Geschichte, und was ist Ihnen heute noch im Gedächtnis?
  • Was ist nach Absolvierung der Ausbildung passiert?
  • Wie hat sich die Ausbildungslandschaft in der Psychotherapie verändert?

Beiträge von:

  • Univ.-Ass.in MMag.a Melanie Rückert (Leitung ARGE Bildungsmanagement)
  • Prof. Dr. Michael Kierein (Leiter der Abteilung für Rechtsangelegenheiten ÄrztInnen, Psychologie, Psychotherapie und Musiktherapie im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz)
  • Harald Picker (Sozialpädagoge, Psychoanalytiker, Psychotherapeut, Lehrsupervisior, Erwachsenenbildner)
  • Mag.a Karin Wolf (Klinische- und Gesundheitspsychologin, Systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin, Lehrsupervisorin, Lebens- und Sozialberaterin und Lehrende der ARGE Bildungsmanagement / Siegmund Freud Privatuniversität)
  • Dr. Klaus Rückert (Gründer der ARGE Bildungsmanagement)
  • Mag.a Dr.in Melanie Zeller (Psychotherapeutin und Supervisorin, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, Traumapsychotherapeutin, Lehrende an der Fachhochschule Campus Wien, Absolventin und Lehrende der ARGE Bildungsmanagement / Sigmund Freud Privatuniversität)

Vortrag
Dr. Klaus Rückert

Sehr geehrte Festgäste,
Sehr geehrte ReferentInnen,
Sehr geehrte MitarbeiterInnen der ARGE Bildungsmanagement,
Sehr geehrte AbsolventInnen und Studierende!

Diese Veranstaltung ist eine außergewöhnliche, weil so viele Studierende, AbsolventInnen, ReferentInnen, und PsychotherapeutInnen der frühen und späten Jahre der ARGE Bildungsmanagement hier versammelt sind. Auf über 25 Jahre Ausbildungstätigkeit in Psychotherapie kann man stolz sein oder erschrecken:

  • Stolz auf die Ausbildungsleistung, denn über 1400 Studierende haben bisher das Psychotherapeutische Propädeutikum in der ARGE Bildungsmanagement absolviert.
  • Erschrecken darüber, wie schnell die 25 Jahre vergangen sind.

Ich hatte in meinem Leben ein wenig das Privileg, die Entwicklung der Psychotherapie als gesetzlich anerkannte Behandlungsmethode für psychische Leiden, aber auch die Entwicklung der anderen bekannten Beratungsmethoden mitverfolgen und teilweise auch mitgestalten zu können.

1972 – damals 25 Jahre alt, begann ich die Ausbildung in Psychotherapie im Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse. Dort gab es damals kein Ausbildungscurriculum, allerdings Lehranalysen und 14-tägige offene Diskussionsveranstaltungen. Wann eine Lehranalyse zu Ende ging, war nicht definiert und wir mussten schließlich hoffen, „gut durchanalysiert“ zu sein, um sie schließlich zu beenden.

Bis zur Gesetzwerdung 1990 entwickelten sich neben der Psychoanalyse eine ganze Reihe weiterer psychotherapeutischer Verfahren und Schulen, z. B. die Individual-Psychologie, die analytische Psychologie, die Daseinsanalyse, die Existenzanalyse/Logotherapie, die gestalttheoretische Psychotherapie, die klientenzentrierte Psychotherapie, die systemische Familientherapie, die Verhaltenstherapie und viele weitere.

Die Frage, warum es diese fast explosionsartige Vermehrung der psychotherapeutischen Schulen gab, ist interessant, geht es doch in der Behandlung immer um dieselbe eine Seele/Psyche der PatientInnen:

  • Teilweise folgen die psychotherapeutischen Schulen unterschiedlichen Menschenbildern mit unterschiedlichen Erklärungsmustern für die Persönlichkeitsentwicklung.
  • Die Einschätzung der zentralen Wirkkräfte für das Zustandekommen von psychischen Krankheiten oder Störungen und die Ansätze diese zu behandeln bzw. zu heilen sind unterschiedlich.
  • Schulengründer oder deren Nachfolger entwickelten eigene und unterschiedliche Ausbildungsstrukturen und Netzwerke, die sich am Markt etablierten.

Das Problem, welches sich daraus ergibt, ist eine Sprachverwirrung (jede Schule spricht eine eigene Sprache!) und auf Seiten der PatientInnen eine Verunsicherung, weil sie kaum entscheiden können, welche Therapie für ihre Problematik passend ist.

In der letzten Zeit haben sich unter PsychotherapeutInnen Initiativen gebildet, die nach einem besseren Verständnis füreinander suchen und das Sprachproblem zum Wohle der PatientInnen lösen wollen, u.a. auch an der SFU.

Was die Schulen auf jeden Fall gemeinsam haben, ist der Diagnoseschlüssel ICD-11 und die Auseinandersetzung mit den Krankenkassen zur Übernahme der Therapiekosten.

Psychotherapie hat sich in einer Vielfalt von wissenschaftlichen Untersuchungen als effizient erwiesen. Wie bekannt stammt ihre Hauptwirksamkeit aus der Kraft der Beziehung zwischen PatientIn und TherapeutIn in Kombination mit der Placebowirkung. Für die Wirksamkeit der eigentlichen psychotherapeutischen Tätigkeit (Gesprächsmethoden, Deuten, Übungen, etc.) ist also etwas Bescheidenheit angesagt.

Einen Aspekt der Psychotherapie, der fast in Vergessenheit geraten ist, will ich noch erwähnen:
in den 20er- und 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte Psychotherapie durchaus auch gesellschafskritische Inhalte, die u.a. mit den Namen Siegfried Bernfeld, August Aichhorn und Wilhelm Reich verbunden sind. Psychische Probleme Einzelner wurden von diesen Autoren auch als Folgen von schlechten Lebensverhältnissen wie Armut und Gewalterfahrungen definiert. Diese Sichtweise wurde im Denken der 68-Bewegung und in der Psychiatriereform wieder aufgegriffen. Heute ist Psychotherapie vor allem ein Gesundheitsberuf, der sich hauptsächlich auf die individuellen psychischen Probleme der Menschen konzentriert. Der gesellschaftskritische Zugang ist weitgehend verlorengegangen.

Psychotherapie muss sich heute von der Esoterik und vom spirituellen Glauben abgrenzen. Im Psychotherapeutischen Propädeutikum versuchen wir den Studierenden zu vermitteln, dass es zu ein- und demselben Sachverhalt mehrere Wahrheiten geben kann und dass es für unumstößliche, fundamentalistische Meinungen in der Psychotherapie keinen Platz gibt.

Paul Watzlawick, bekannt für seine kritische Haltung zur Wahrheit (inklusive zu diagnostischen „Wahrheiten“) sagte einmal sinngemäß: „Den größten Erfolg hat die Psychotherapie dadurch errungen, dass im Diagnoseschlüssel DSM-5 die Position für Homosexualität gestrichen wurde. Dadurch waren mit einem Schlag Millionen von Menschen plötzlich gesund!“

Es lohnt sich also, Wahrheiten zu hinterfragen und danach zu suchen, ob denn noch viel mehr wahr sein könnte.

In diesem Sinne verstehen sich auch die Ziele der ARGE Bildungsmanagement. Sie sind von vielen AkteurInnen erfunden und gefunden worden.

Dafür bedanke ich mich bei Ihnen. Danke, dass Sie uns vertrauen und bei uns studieren oder studiert haben. Danke an alle ReferentInnen und an alle MitarbeiterInnen. Danke für Euren Einsatz und Eure Verlässlichkeit.

Alle unsere Pläne mögen gelingen.

Klaus Rückert, Gründer der ARGE Bildungsmanagement

25 Jahre „Psychotherapeutisches Propädeutikum“ in Zahlen:

  • 69 Lehrgänge
  • 1557 AbsolventInnen
  • 269 aktuelle Studierende im Diplomlehrgang Psychtotherapeutisches Propädeutikum

Und das war's dann auch schon mit dem Festprogramm - darauf folgten: Begegnungen, Gespräche, networken, tanzen - ein gelungenes Fest!

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Mit freundliche Grüßen,

Univ.-Ass.in MMag.a Melanie Rückert